26.05.2024 (Sonntag)
Wieder wachen wir früh auf, weil die Sonne das Auto bereits ordentlich aufwärmt. Sie steht um 6 Uhr etwa so hoch, wie bei uns zuhause erst gegen 9 oder 10 Uhr. Um 7 Uhr hält uns darum nichts mehr im Bett und wir beginnen den sonnigen Tag mit einem gemütlichen Draussen-Frühstück. Bei Sonnenschein und mit Meerblick genießen wir heute Brötchen vom Toaster (gab’s in der Gemeinschaftsküche) statt mit Müsli.
Als wir nach unserem Frühstück noch so an unserem Tisch sitzen und unseren Tag planen, ergibt sich beiläufig ein nettes Gespräch mit einer jungen Frau aus Nordrhein-Westfalen. Sie lebt seit einigen Jahren mit ihrem polnischen Freund hier in Island und arbeitet in der Nähe von Reykjavík als Ranger.
Wir beschließen, in Húsavík eine Walbeobachtungstour zu buchen, da der Mietwagen ja erst einmal entfällt und die Gelegenheit gut und das Wetter super ist. Ein Blick auf die Straßenzustands-Webseite bestätigt mich darin, die Mietwagen-Buchung storniert zu haben.
Húsavík ist DER Ort für Walbeobachtungstouren geworden und so gibt es hier mehrere Anbieter. Übers Internet buche ich uns für 13:15 Uhr zwei Plätze auf einem Schiff von Gentle Giants. Die Dauer der Tour ist auf etwa drei Stunden angesetzt, der Kostenpunkt liegt bei rund 154 Euro für uns beide.
Um etwa 10:30 Uhr verlassen wir den Campingplatz 66.12 North und brechen auf nach Húsavík. Auf der kurzen Fahrt (ca. 12 km) legen wir einmal an einem Parkplatz einen kurzen Foto-Stopp ein.
Um 11 Uhr etwa stellen wir unser Auto auf einem Parkplatz am Rand des Ortes ab und beginnen die Ortserkundung zu Fuß. Wir besichtigen natürlich die prominent an der Hauptstraße stehende (geöffnete) Kirche sowie das Hafenviertel und suchen uns schon mal ein Café für die Zeit nach der Rückkehr von der Walbeobachtungstour. Und wir checken am Schalter bei Gentle Giants schon mal ein.
Um die Wartezeit zu überbrücken besuchen wir das Wal-Museum im Nebenbau. Wir haben etwa eine Stunde Zeit bis wir um 13 Uhr am Pier erscheinen sollen. Das Museum ist sehr informativ und anschaulich gestaltet. Das sehr nette Service-Personal weist uns bereits beim Eintritt darauf hin, dass das Ticket des Museums erlaubt, den Besuch zu unterbrechen und nach der Boots-Tour fortzusetzen (im Rahmen der Öffnungszeiten). Das werden wir auch machen, denn eine Stunde reicht für das Museum nur knapp. Den 25-Minuten Film im Museums-Kino schaffen wir nicht.
Am Pier gibt es eine kurze Einweisung eines Guide auf Englisch (mit italienischem Akzent). Dann geht’s an Bord und alle können (und sollen) sich Overalls anziehen. Diese dienen zum einen als Schutz gegen Wasser aber auch gegen Kälte, denn auf dem Wasser ist es windiger und dadurch kälter. Kinder müssen sich zusätzlich eine Schwimmweste anlegen. Die Menschen verteilen sich an Bord auf die vorhandenen Sitzgelegenheiten (Bänke). Ich versuche einen Platz auf dem höher gelegenen Turm zu ergattern auf dem bis zu acht Personen erlaubt sind. Leider ist mein Stehplatz in der zweiten Reihe dann doch nicht so toll. Meine Sicht ist durch vor mir stehende Personen teilweise verdeckt, weshalb ich beim fotografieren später die Kamera oft auf gut Glück hoch halte und auslöse. Clara sitzt auf einer der Bänke unten rechts von mir (Steuerbord Seite). Unser Schiff, die Faldur legt ab und verlässt den Hafen von Húsavík hinaus in die Skjálfandi-Bucht. Etwa 40 Minuten fährt das Schiff auf die gegenüber liegende Seite der Bucht zu, ehe es die Fahrt verlangsamt und nur noch mit tuckerndem Motor im Wasser liegt. Wir haben die Beobachtungszone erreicht, in der auch bereits zwei andere Schiffe dümpeln.
Der Guide erklärte während der letzten 40 Minuten, wie er uns über Sichtungen informieren wird, damit wir möglichst alle Anteil an den Sichtungen haben können. Schon nach kurzer Zeit verkündet er einen Buckelwal, doch es sind lediglich drei bis viermal der Rücken und die Finne (Rückenflosse) kurz zu sehen, sowie einmal das Blasen. Und auch das nur in einiger Entfernung. Wir (das Schiff) wechseln die Position, da auch der Wal seine Position ändert. Plötzlich liegt er direkt neben dem Rumpf des Schiffes und man sieht den Körper und eine der Seitenflossen sehr groß und deutlich. Leider ist das Foto dazu nicht so toll geworden, denn das geschah alles sehr schnell. Ein sehr kurzes Video-Schnipsel unten zeugt davon …
Der Guide spricht über den Wal wie über einen guten Freund. Man kennt sich, er identifiziert sie z.B. anhand der schwarzen bzw. weißen Schwanzflosse. Diese Schwanzflosse (Fluke) ist meist nur ganz kurz und unvollständig zu sehen. Nur ein- bis zweimal ragt sie komplett aus dem Wasser empor. Der Guide erklärt uns, dass das damit zusammenhängt, in welcher Tiefe der Krill (die Nahrung) sich aufhält. Nur wenn der Wal Schwung holen muss um z.B. in 50 Meter Tiefe zu tauchen, holt er dazu mit dem Schwanz aus um mit der Kraft der Schwanzflosse in diese Tiefe zu gelangen. In geringere Tiefen gelangt der Wal auch müheloser. Der Guide erzählt ausführlich und anschaulich über das Leben der Tiere und beantwortet auch geduldig alle Fragen. Zwischendurch tauschen Clara und ich die Beobachtungs-Positionen.
Wir steuern einen anderen Ort in der Bucht an, etwas weiter draußen in Richtung der Insel Flatey. Dort sichten wir noch einen Minkewal (Zwergwal) sowie eine Robbe vor einem Felsenriff. Die Vögel oberhalb der Wasseroberfläche dienen dem Minkewal als Indikator für die Futtersuche (Fische), denn der Minkewal hat keine Flimmerhärchen wie der Buckelwal, sondern ein Zahngebiß. Der kleinere Minkewal ernährt sich also von Fischen, während der größere Buckelwal sich von Plankton und Krill ernährt.
Über den Himmel zieht sich derweil eine Wolkenschicht wie eine dünne graue Decke, die sich scharf gegen das Blau abgrenzt. Ein interessanter Anblick. Noch einmal wechseln wir die Beobachtungs-Position und sichten dort einen Buckelwal, dann kehren wir zurück nach Húsavík. Zum Abschluß setzen wir die Filmvorführung im Museums-Kino um 16:30 Uhr auf unser Programm.
Als wir danach das zuvor auserwählte Café besuchen wollen hat das gerade geschlossen. Auch andere Café’s sind geschlossen oder schließen gerade. Es ist mal wieder 17 Uhr. Café-Schließzeit. Ich bin echt irritiert und das ist wirklich gewöhnungsbedürftig für mich, zumal noch genügend Touristen auf den Beinen sind. Wir finden doch noch etwas, ein Bistro in dem es sowohl Kaffee & Kuchen als auch ein paar kleine Gerichte gibt. Ich lasse mir Cappuccino mit isländischem Käsekuchen, Clara eine Portion Pommes und beide je ein Glas Cranberry-Saft auf der kleinen Terrasse schmecken.
Oberhalb von Húsavík, etwas unterhalb des 417 Meter hohen Hausbergs Húsavíkurfjall, gibt es einen kleinen See, den Botnsvatn. Dorthin führt vom Ort aus ein (bedingt) gekennzeichneter Weg. Es ist 18:30 Uhr und so ein kleiner Spaziergang am Abend bildet einen schönen Abschluß für den Tag, also nichts wie los. Während des Aufstiegs müssen wir irgendwann den „eigentlichen“ Weg verlassen haben und auf einen Nebenweg abgebogen sein. Jedenfalls stapfen wir unerwartet lange auf Wegen ohne Markierung herum, immer der Nase folgend. Wir orientieren uns am Bachlauf (muss ja vom See kommen) und an Stromleitungen (Stausee zur Stromgewinnung) und sind letztlich wohl einem ziemlichen Umweg gefolgt.
Aber wir erreichen den See schlussendlich, der sich uns schön und ruhig im Abendlicht präsentiert. Viele Vögel leben hier und es ist wirklich himmlisch still. Wir wandern ein Stück daran entlang und begegnen einem Jogger und zwei Spaziergängern. Auf dem Hauptweg gelangen wir hinunter in den Ort und zu unserem Auto. Es ist jetzt 20 Uhr. Wir könnten nochmal zum selben Campingplatz (66.12 North) zurück, oder ein Stück weiter fahren. Es ist ja noch lange hell. Das nächste angepeilte Ziel ist der Mývatn, der größte See Islands und dorthin ist es etwa eine Stunde Fahrt (inklusive Fotostopps). – Also let’s go!
Auf der Straße Nr. 85 verlassen wir Húsavík. Schon bald zweigt links die Straße Nr. 87 ab. Ihr folgen wir vorbei an Gemüse-Gewächshäusern eines Hofes und fahren durch eine einsame grau-rotbraune Vulkanlandschaft mit einzelnen Schneeflecken. Ein Mix aus Braun und Weiß mit eisblauen Pfützen und kleinen Schmelzwasser-Flüsschen dazwischen.
Der erste Campingplatz, den wir bei Reykjahlíð erreichen, hat sich seit unserem letzten Besuch vor zwei Jahren erheblich verändert. Die Gemeinschaftsküche (damals in einer Baracke) findet sich nun in einem halboffenen, provisorischen Zelt. Irgendwie gefällt es uns hier nicht so recht, trotz der schönen Lage. Daher steuern wir den zweiten uns bekannten Platz in Vogár an, der an der Straße Nr. 848 hinter Reykjahlíð liegt. Dort gibt’s nämlich auch Pizza 🙂
Als wir um 21 Uhr ankommen ist die kleine Pizzeria allerdings voll. Da es Sonntag ist und es da bei uns traditionell Spaghetti gibt, suchen wir uns einen halbwegs ebenen Stellplatz und kochen schnell. Als das Essen fertig auf dem Teller ist kommt wieder ein kalter Wind auf, der den Pecorino beim Reiben verweht und die Spaghetti abkühlt. Der Tisch steht leicht schräg und die Teller rutschen, sie müssen während des Essens festgehalten werden. Zügig essen ist daher angesagt. Wir schreiben heute nichts mehr und Clara ist nach dem Essen schnell im Schlafsack verschwunden. Es ist nun auch schon wieder nach 23 Uhr und ich drehe noch eine kleine Runde über den Platz, dabei entdecke ich das folgende Gefährt … 🙂
Der online Check-In via Parka-App hat bei der Ankunft nicht funktioniert, daher versuche ich es während des Zähneputzens nochmal. Diesmal klappt’s (dachte ich zumindest). Es beginnt sachte zu tröpfeln und der Sonnenuntergang färbt Himmel und Wolken feurig, und zaubert einen zarten, fast nur roten Regenbogen an den Himmel. Sowohl für die Kamera als auch für das Handy kaum richtig einzufangen.
Es ist nach Mitternacht als auch ich ins Auto steige. Clara weist mich auf den Regen hin, der möglicherweise nicht gut für die Kühlbox ist, die ich ja nachts immer draussen stehen lasse. Die hat einen elektrischen Ventilator im Deckel, dem die Feuchtigkeit möglicherweise nicht bekommt. Ich hole sie daher rein und deponiere sie auf dem Beifahrersitz, dann ist endlich Zapfenstreich für heute. Leise trommelt der Regen auf das Dach und begleitet uns in den Schlaf.
Km-Stand: 230.684 (81 km gefahren)
Grüssle aus NRW: ist die Walsichtung so pompös wie es via TV immer vermittelt wird?
Pompös würde ich es nicht nennen, es gehört wohl schon ne Portion Glück mit dazu, eine „aufregende“ Sichtung zu machen. Wenn TV Teams beeindruckende Aufnahmen für Dokus oder Werbefilme machen, dann sind sie bestimmt mehrmals rausgefahren und haben die besten Aufnahmen zusammen gestellt. Soviel Zeit (und Geld) haben normale Touristen meist nicht.