31.05.2024 (Freitag)

Heute ist es zwei Wochen her, dass wir in Stuttgart gestartet sind. Wir schlafen lange und stehen erst gegen 9 Uhr auf. Unser Frühstück nehmen wir im Freien ein, doch danach fängt es an zu regnen und wir setzen uns ins Auto. Zum Glück ist es nur ein kurzer Regen. Als er nachlässt verlassen wir gegen 11 Uhr den Campingplatz und fahren ein paar hundert Meter bergwärts ans Ende der Straße, um das Gelände oberhalb des Kirchleins zu erkunden. Dort hatte ich am Abend zuvor ein kleines Wegenetz ausgemacht, das entlang eines Bächleins verläuft aber durchaus auch die Landschaft rechts und links davon miteinbezieht.

Es gibt da einen Rundweg den wir auf einem Schneefeld aber abbrechen, da der Wegverlauf nicht mehr erkennbar ist. Wir machen auf der anderen Seite des Bächleins den vermutlichen Rückweg aus und kehren zurück zu der Stelle, an dem dieser Weg wieder unseren kreuzt. Unterwegs kommen wir vorbei an sich zur Blüte öffnenden Lupinenpflanzen, deren blau-lila Blütenstände später große Teile der Insel färben. Diese Pflanzen haben die Engländer einst hier eingeschleppt. Sie vermehren sich seither wie Unkraut, da sie keine natürlichen Feinde haben. Der Rückweg führt auch an einem alten Mühlhäuschen in Torfbauweise vorbei. Der Kanal zum Häuschen wäre für eine Instandsetzung dankbar.

Nach diesem kleinen Ausflug verlassen wir Hvammstangi um 12 Uhr in Richtung Ringstraße Nr. 1 und Reykjavík. Wir folgen ihr aber nur für etwa 30 Kilometer, dann zweigt die Straße Nr. 68 nach Holmavík in die Westfjorde ab.

Die Westfjorde sind die am dünnsten besiedelte und (mit Ausnahme des Hochlands) strukturschwächste Region Islands. Hier siedelten Menschen fast nur entlang der Küsten und lebten fast ausschließlich vom Fischfang. Auch heute leben hier nur wenige Menschen pro Quadratkilometer. Die Landschaft ist geprägt von Fjorden und schneebedeckten Berghängen. Dass in dieser Einsamkeit, in einer Umgebung in der es im Winter auch lange Phasen mit stundenweisem Dämmerlicht pro Tag gibt, die Phantasie der Menschen sich Geschichten ersinnt, in denen Riesen, Trolle, Erd- und Geistwesen, Zauberer und Hexen die zentralen Figuren sind, kann nicht verwundern. Und so hält sich auch ein bisweilen schräger Volks- und Aberglaube.

Aber zurück zur Straße Nr. 68. Nach etwa 10 Kilometern ist die Asphaltdecke zu Ende und die nächsten 16 Kilometer führt sie als Schotterpiste bis kurz vor den Bitrufjörður. Dann an diesem entlang wieder mit Asphaltdecke, ehe sie wieder als Schotterpiste einen steilen Berg hinauf und eine ebenso steile Abfahrt hinunter zum Kollafjörður führt. An dessen Nordseite machen wir an einem kleinen Parkplatz Rast um uns zu stärken. Ein paar Felsen hinter uns wecken unsere Neugier.

Immer wieder säumen kleine (meist verschlossene) Hofkirchen den Weg, auf deren kleinen Friedhöfen die Verstorbenen der Gehöfte in der Umgebung ruhen. Auf Asphalt folgen wieder 19 Kilometer Schotterpiste, dann wieder Asphalt am Steingrimsfjörður entlang bis Holmavík. In der Tourist-Info in Holmavík gibt es ein Museum für Magie und Hexerei, das sich mit den mystischen Themen Hexerei und Zauberei in Island, sowie des Volksglaubens beschäftigt und diverse wirklich skurrile Ausstellungsstücke beherbergt.

Eine Besonderheit der Hexenverfolgung in Island ist, dass hier vor allem Männer der Zauberei bezichtigt und verbrannt wurden, aber nur eine Frau als Hexe auf dem Scheiterhaufen endete. Nach dem Museumsbesuch verarbeiten wir die Eindrücke im Museums-Café bei Cappuccino, Kakao und Rhabarber-Kuchen.

Am Fjordende des Steingrimsfjörður zweigt die Straße Nr. 643 nach Drangsnes ab. Diesen Teil hatten wir 2022 ausgelassen und holen ihn nun nach. In Drangsnes, direkt an der Durchgangsstraße, liegt direkt am Fjordufer ein Hot-Pot (drei Becken, eines davon ist bei unserem Besuch defekt). Die zugehörige Dusch- und Umkleidemöglichkeit befindet sich auf der anderen Straßenseite zwischen zwei Häusern. Man parkt also z.B. rechts, kleidet sich links um und wechselt also in Badekleidung erneut die Straßenseite um dort in den Hot-Pot zu sitzen. Das Ganze in unserem Fall bei Temperaturen von etwa 4-5 Grad über Null.

Direkt am Dusch- & Umkleidehäuschen ist auch ein POS (Point-of-Sale) vorhanden, um den geforderten Betrag von 1.200 ISK pro Person gleich digital zu bezahlen. Für die nächste Stunde, so etwa zwischen 18 und 19 Uhr, verweilen wir im 36-38 Grad warmen Wasser und genießen was sich bietet: Aussicht über den Fjord, Ruhe, Möwen, Wolken. Der zweite Pott neben uns ist mit 41-42 Grad etwas wärmer und wird kurz darauf von einem isländischen Pärchen genutzt. Gegen 19 Uhr steigen wir aus diesem herrlichen Topf, ziehen uns auf der anderen Straßenseite um und fahren zum örtlichen Campingplatz oberhalb des Ortes.

Kurz nach unserer Ankunft im Hot Pot kam übrigens eine Frau mit einem Thermometer vorbei und überprüfte die Temperatur. Vermutlich wohnt sie in Sichtweite der Bade-Töpfe und bekommt sofort mit, wenn Gäste da sind. Auf jeden Fall wird die Anlage vorschriftsmäßig gewartet und geprüft. Zuhause in Deutschland wären jedoch sicher ein paar Auflagen mehr zu erfüllen. Chlor oder ähnliche Zusätze sind aber wegen der mineralischen und schwefeligen Zusammensetzung des Wassers nicht erforderlich.

Das Bad hat uns hungrig gemacht und so kochen wir zwar unsere Fusili mit einer Zucchini-Tomatensoße und Schafskäse darin direkt am Auto, nehmen unser Mahl aber im Gemeinschaftshaus zu uns, weil es dort wärmer und gemütlicher ist und das Essen nicht so schnell kalt wird 🙂

Blick vom Hügel hinter dem Campingplatz über Drangsnes

Ausser uns sind nur zwei Italiener und eine allein reisende Frau da, die früh im Auto schlafen geht. Der Besitzer des Platzes kommt kassieren, als gerade unser Essen fertig ist. Der Preis für die Übernachtung beträgt hier 2.000 ISK pro Person + einmalig 333 ISK Übernachtungs-Steuer (wird seit 2024 erhoben).

Heute sind wir nur 39 Kilometer auf Schotterpisten gefahren. Wir schreiben unsere Reisenotizen und lesen noch im Reiseführer nach, was wir uns morgen vornehmen sollten. Dann legen wir uns schlafen.

Unsere heutige Route – (raw Map by OpenStreetMap.org)

Km-Stand: 231.505 (183 km gefahren)

Tag 15 – Von Zauberern, Hexen und Hot Pots

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