01.06.2024 (Samstag)

Es hat leicht geregnet in der „Nacht“, die keine ist. Jedenfalls keine dunkle. Wir stehen um 8 Uhr auf und bereiten unser Frühstück am Auto vor, nehmen es dann aber im Gemeinschaftsraum-Container zu uns, da es dort schön warm ist. Ich habe meine Powerbank (Akku) über Nacht auch dort am Stromnetz im Container aufladen lassen.

Gegen 10 Uhr verlassen wir nach unserem Frühstück Drangsnes über die Schotterpiste Nr. 645 nach Norden und kehren in einem Bogen um den Höhenzug Bjarnarfjarðarháls zurück zur 643 und weiter zur Straße Nr. 61. Den Abstecher auf der 643 nach Djúpavík und zum Krossneslaug (Freibad & Hot Pot) lassen wir aus, es würde rund 160 Kilometer Schotterpiste (80 km einfache Strecke) bedeuten. Am Laugarhóll (ebenfalls ein Hotel mit schöner Badegelegenheit) fahren wir vorbei, ohne auch nur ein Schild zu bemerken. Das gilt auch für den zweiten Teil des Hexenmuseums, den Sorcerers Cottages (Hütten des Zauberers). Das liegt wohl daran, dass wir dachten, dass diese von der 645 aus beschildert sein würden. Tatsächlich hätten wir wohl doch auf die Schotterpiste nach Djúpavík einbiegen müssen. Das wird uns klar, als wir ohne jeden Hinweis die Straße Nr. 643 wieder erreicht haben, aber da habe ich keine Lust mehr wieder zurück zu fahren.

Wir steuern also auf die Straße Nr. 61 zu und durchfahren die Steingrímsfjarðarheiði. Es geht steil hinauf und bei der Fahrt hinunter nutze ich die Motorbremse im 3. und 2. Gang um die Bremsen zu entlasten. Oben auf der Hochfläche werden wir mit einer phantastischen Szenerie belohnt. Es sind nur wenige andere Reisende unterwegs. An einer Stelle mit meterdickem Schnee und Eis über einem Fluss halte ich an um ein paar Fotos zu machen. Wir sind mal wieder Trendsetter. Kurze Zeit nach uns halten zwei weitere PKW und ein Motorradfahrer um es uns gleich zu tun.

Kurz bevor wir aus der Steingrímsfjarðarheiði raus sind, zweigt rechts die Schotterpiste Nr. 635 ab, die teils sehr übel durchlöchert über eine Strecke von ca. 30 km zum Fjord Kaldalón führt. Von hier aus soll eine lohnende Wanderung zu einer der Gletscherzungen des Drangajökull führen, zum Kaldalónsjökull. Kurz vor erreichen der Stelle von der die Wanderung beginnen soll, nutzen wir einen Rastplatz um uns vorher noch zu stärken. Eine Infotafel klärt über das Gebiet des Drangajökull-Gletschers auf.

Wir fahren die letzten Meter bis zu der Stelle, an der laut Reiseführer das Auto geparkt werden kann. An einer kleinen Brücke über das Flussbett des Gletscherflusses parken wir und versuchen den Einstieg zur Wanderung zu finden. Fast eine Stunde lang versuchen wir der Wegbeschreibung des Buches und der Karte am Rastplatz zu folgen. Der Pfad endet schon recht bald und wir versuchen zwischen Ufergesträuch und Wasserläufen (Schneeschmelze!) voran zu kommen. Mehrmals müssen wir dabei auch die Wasserläufe durchschreiten, was auch schon mal zu nassen Socken führen kann.

Als wir nicht mehr weiter kommen, gehen wir zurück zum Auto und wollen schon aufgeben. Da fällt uns ein Schotterweg auf, der hinter einem abgestellten Tieflader und Bagger in Richtung Endmoräne verläuft. Wir wagen einen zweiten Versuch und kommen schnell voran. Als wir an der Moräne ankommen, beginnt die Wegsuche erneut. Nach erklimmen der Höhe der Moräne ist ersichtlich, dass der Weg eher rechts und nicht links des Flusslaufs (wie beschrieben) entlang führt.

Wir finden Pfade und Fußspuren über Schneefelder, die nur wenige Tage alt sein dürften. Ihnen folgen wir. Als wir nach eineinhalb Stunden eine Trink- und Kekspause machen, erkennen wir bereits das (frühere) Gletscherende. Mit dem Fernglas versuche ich die Geländesituation auf dem weiteren Weg zu beurteilen. Es sind keine Wegmarkierungen und nur wenige Spuren zu sehen. Es erscheint mir fraglich, ob man bis an das Ende des Gletschers heran kommt, da dieses durch den Rückzug des Gletschers tiefer im Einschnitt des Gebirges liegen muss. Jedenfalls würde es mindestens eine weitere Stunde dauern, die wir dann auch wieder zurück gehen müssten. In jedem Fall haben wir auch bis hierhin tolle Eindrücke gesammelt.

Da es inzwischen 15:30 Uhr ist, beschließen wir zum Auto zurück zu kehren. Leider hat uns die Wegsuche am Anfang unnötig viel Zeit gekostet. Auf unserem Rückweg begegnen wir einem einzelnen Mann, der uns entgegen geht in Richtung Gletscher. Dort will er hin. Zum Gletscher. Allein. Als wir wieder an der Moräne vorbei kommen, sehen wir aus der Ferne zwei weitere Personen, die ratlos suchend umher laufen.

Für uns hat sich das heute erledigt. Um etwa 16:40 Uhr sind wir wieder zurück am Auto. Wir fahren 26 der 30 Kilometer Schotterpiste zurück und erreichen um 17:15 Uhr das Steinshús, das uns schon bei der Hinfahrt aufgefallen war und das mit Coffee & Cakes wirbt. Zwar habe ich Zweifel, schließlich ist es nach 17 Uhr, aber – Überraschung! – es ist geöffnet.

Es ist der erste Tag der Saison (01.06. !) und wir sind die Gäste Nr. 2 und 3 🙂
Gast Nr. 1 hat gerade vor uns das Haus verlassen. Wir bestellen Kakao, Cappuccino und zwei Kuchen (Apfel & Karotten). Der Kakao wird aus Tafelschokolade (!) und Milch zubereitet und das dauert daher etwas. Hinter dem Tresen bedient uns ein sympathisches älteres Paar. Sie sind sehr aufgeschlossen und interessiert.

Das Steinshús ist, wie auch das Denkmal in der Nähe, dem Lyriker Steinn Steinarr gewidmet, der hier geboren wurde und aufgewachsen ist. In seinem Inneren kann man sich bei Kaffee und Kuchen über den Lyriker informieren, der ausserhalb Islands kaum bekannt ist. Für viele ist er der bekannteste Poet und Dichter Islands, aber nur Weniges von ihm wurde in andere Sprachen übersetzt.

Es ist kurz nach 18 Uhr als wir uns die letzten vier Kilometer Schotterweg bis zur Straße Nr. 61 vornehmen. Ein Schild verrät uns, dass es noch 176 Kilometer bis Ísafjörður sind, der vorletzten (und wichtigsten) Stadt im Nordwesten Islands. Wir wollen heute jedoch nur am gleichnamigen Fjord (Ísafjörður) entlang bis Reykjanes fahren, wo es ein Hotel mit 38-Grad-Aussenpool, sowie einen Campingplatz gibt und wo wir vor zwei Jahren schon mal waren. Auf dem Weg dorthin genießen wir die einsame und gigantische Welt der Westfjorde, die an uns vorbei zieht.

Der Campingplatz in Reykjanes gehört zum (unscheinbaren) Hotel und liegt etwas versteckt dahinter. Es ist zwar nur ein einfacher Platz ohne Gemeinschaftsräumlichkeiten (von offenen aber überdachten Sitzgelegenheiten abgesehen), der Pool ist aber einfach toll ! – Wogegen der graue Hotelbunker ohne jeden Schriftzug eher abweisend wirkt.

Als wir gegen 19 Uhr ankommen, steht „heute geschlossen“ und eine Telefon-Nummer an der Hoteltür. Also rufe ich an. Schon eine Minute später kommt ein Mann, der rasch alle Anmelde-Formalitäten mit uns regelt, sowie Pool und Duschen öffnet. Bis 21 Uhr bleiben sie geöffnet. Ruckzuck sind wir um ca. 19:15 Uhr im warmen Wasser und baden bis etwa 20:30 Uhr. Aus den Wolken leuchten Lichtfächer zu uns herab.

Wie immer sind wir nach dem Bade hungrig, daher wird jetzt gekocht und gegessen. Es gibt Kartoffeln und Kidney-Bohnen. Nach dem obligatorischen Abwasch werden noch die Reisetagebücher geschrieben. Es ist 23:45 Uhr, die Lichtfächer sind verschwunden, wir können ins Bett. – Gute Nacht.

Km-Stand: 231.675 (170 km gefahren)

Tag 16 – Wo Islands nördlichster Gletscher wohnt

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