02.06.2024 (Sonntag)
Es hat geregnet und gestürmt in der „Nacht“. Also während wir schliefen, es aber trotzdem meistens hell war. Auch am Morgen pfeift noch der Wind und rüttelt am Auto. Als um 8:30 Uhr eine Regenpause eintritt stehen wir auf. Wir frühstücken im Innern des Autos. Heute mal Brot und Aufstriche statt Müsli, es ist ja Sonntag. Zwischendurch regnet es immer wieder. Während eines sonnigen Abschnitts räumen wir das Auto um und überlegen, ob wir nochmal baden gehen sollen.
Ein Gebäude mit der Aufschrift „Saltverk“ unweit des Campingplatzes am Ufer des Fjords erweckt aber unsere Neugier. Wir unternehmen einen Spaziergang dorthin und lassen uns vom einzigen Mitarbeiter der am heutigen Sonntag dort anwesend ist erklären, wie hier mithilfe der Geothermie direkt aus dem Meerwasser des Fjords Salz gewonnen wird. Dieses Salz wird inzwischen auf der ganzen Insel in allen Läden und Souvenirshops in diversen Verfeinerungen angeboten. Zum Beispiel als schwarzes Lavasalz, als Lakritzsalz, oder auch Arktisches Thymiansalz (frühblühender Thymian). Wir erwerben ein paar Sets als Mitbringsel zum günstigeren Direktverkaufs-Preis. In den erwähnten Shops finden wir das Salz später teilweise zu erheblich höheren Preisen.
Wir erweitern unseren Spaziergang am Fjord entlang und finden einige hundert Meter weiter das „alte Bad“ (Gamla Laugin). Die Einfassungsmauer des ehemaligen Badebeckens ist großteils kaputt, aber es fließt noch heißes Wasser aus einem Loch in der Wiese und bildet einen Knöcheltiefen warmen Tümpel.
Gleich daneben befindet sich am Ende des Feldwegs der Flugplatz, im Wesentlichen eine geschotterte Start- und Landebahn mit Begrenzungshütchen rechts und links und am Ende der Landebahn. Natürlich ist dieser Flugplatz, wie viele dieser Art auf Island, nur für Kleinflugzeuge geeignet.
Auf dem Rückweg zum Campingplatz fallen uns immer wieder Styropor-Stücke auf, die in der Natur herum liegen. Wir sammeln sie ein und es werden immer mehr. Sie stammen offenbar von einer Baustelle hinter dem Saltverk-Gelände und wurden in der Nacht vom starken Wind überall verteilt. Wir entsorgen unsere Müllbeute im Mülleimer am Campingplatz.
Es geht bereits auf 13 Uhr zu, als wir aufbrechen. Beim verlassen des Ortes schauen wir nochmal zurück und halten den äußeren Eindruck in Bildern fest. Und dieser Eindruck animiert sicher nicht alle Reisenden dazu, hier anzuhalten. Uns aber gefällt dieser Ort mit seinem morbiden Charme trotzdem.
Wir verfehlen auf dem Weg zu unserem ersten Ziel gleich mal die richtige Abzweigung und befahren etwa 10 Kilometer eine falsche Schotterpiste kurz hinter Reykjanes. Bevor wir aber an einer sehr nassen Stelle versumpfen, kehren wir doch lieber um und fahren zur Straße Nr. 61 zurück. Google Maps hilft uns dort weiter, wo uns unsere Papierkarte irritierte. Ich bin einfach zu früh abgebogen. Die richtige Abzweigung ist eine Brücke weiter am nächsten Fjord. Ist manchmal doch hilfreich, dieses Neuland (Internet).
Wir fahren weiter zum Mjóifjörður, finden die richtige Piste und folgen ihr über 12 Kilometer zum Hotel Heydalur, das einen sagenhaften Pool & Pot haben soll. Um zur Hotel-Rezeption durchzudringen, müssen wir direkt im Eingang über einen ziemlich großen Hund, eine Art Bernhardiner, hinweg steigen. Es scheint ihn nicht zu interessieren, wer und wie viele Beine da an ihm vorbei ziehen. Gutmütig und desinteressiert bleibt er liegen. Am Tresen der Rezeption, die gleichzeitig Hotel-Bar und Ausschank zu sein scheint, kommentiert ein sprechender Papagei im Käfig lustig die Ankunft von Gästen. Wir buchen uns für den Besuch der Badeanlagen ein.
Tatsächlich befindet sich beides in einem etwas lädierten Gewächshaus, unter einer Kirsche, einer Eiche, Minze und umgeben von anderen Pflanzen. Bewacht wird der Pool von einer Katze als Bademeister/in. Das Schwimmbecken hat ca. 30, der Pott etwa 36 Grad. Ein sehr besonderes „Hallenbad“ in dem wir uns sehr wohl fühlen. Einfachst, aber irgendwie urig und toll 🙂
Die Umkleide und Dusche befindet sich im Aussenbereich vor dem Gewächshaus und dort gibt es auch noch einen, aus zwei miteinander verbundenen Becken bestehenden Hot Pot, eingefasst mit Natursteinen. Auch hier verweilen wir eine Weile. Darüber hinaus gibt es noch einen Natur-Pot auf der anderen Flussseite, der ist jedoch wegen zu hohem Wasserstand nicht erreichbar. Eine Brücke gibt es nicht. Wer möchte, könnte hier auch noch eine Pferdetour machen oder überhaupt hier seinen Urlaub verbringen und Ausflüge in die umgebende Natur unternehmen.
Wir bleiben etwa eine Stunde und setzen dann unseren Weg nach Ísafjörður fort. Noch 117 km teilt uns ein Schild mit. Die Straße verläuft über weite Strecken direkt an den Fjorden entlang. Tiefe Einschnitte rein ins Land und auf der anderen Seite wieder raus. Auf der einen Seite das Wasser des Fjords, auf der anderen die aufragenden, teils noch schneebedeckten Berge. Begleitet werden wir himmelseits von Wolken, Regen, Sonne und Regenbogen und den ganzen Tag über von einem starken und kalten Nordwind.
Wir erreichen das Café „Litlibær“ am Skötufjörður um 16:15 Uhr, genau richtig um eine Kaffee-Pause einzulegen. Auch hier waren wir zwei Jahre zuvor schon einmal und warum sollte man einen so schönen Ort nicht mehrmals besuchen? Damals nahmen wir Kakao und Cappuccino bei sonnigem Wetter im Aussenbereich zu uns, diesmal setzen wir uns wegen des Windes ins Innere des alten Bauernhauses und schauen durch ein kleines Fenster nach draussen. Wir genießen heißen Kakao und Waffeln mit Sahne und Marmelade, die uns von der netten Besitzerin serviert werden, in der urigen Atmosphäre des Gastraumes. Das ganze Haus ist mit einer musealen Einrichtung im Stil eines Bauernmuseums ausgestattet. Im Ober- bzw Dachgeschoss können zwei Räume besichtigt werden, aber Vorsicht: Die Türstürze sind niedrig und schnell wächst eine Beule …
Wir verlassen „Litlibær“ kurz vor 17 Uhr, stoppen unterwegs lediglich an der Landspitze Kambsnes, zwischen dem Seyðisfjörður und dem Álftafjörður gelegen, für ein paar Fotos und biegen um etwa 17:30 Uhr auf den Parkplatz des Polarfuchs-Center in Suðavík ein.
Der Polarfuchs ist das einzige auf Island natürlicherweise vorkommende Landraubtier und die Ausstellung im Polarfuchs-Center klärt über die Verbreitung, die Lebensgewohnheiten, aber auch über die Jagd des Polarfuchses durch den Menschen auf. Er hat hier sonst keine natürlichen Feinde. Im Aussenzwinger werden auch einige Tiere (bei unserer Ankunft zwei) lebend gehalten. Es handelt sich um aufgepäppelte Tiere die wieder ausgewildert werden sollen. Auf uns machen sie leider keinen sehr guten Eindruck.
Das Center schließt um 18 Uhr, daher bleibt es nur ein kurzer Besuch. Als wir raus kommen hat uns der Regen wieder eingeholt. Wir fahren nach Ísafjörður und stehen um 18:30 Uhr vor dem Campingplatz. Wie bei unserem letzten Besuch vor zwei Jahren ist er noch geschlossen, obwohl es nun schon Juni ist. Im Unterschied zu damals liegt allerdings kein Schnee mehr auf dem Platz und erstes Frühlingsgrün kämpft sich durch das braune Wintergras. Es sind bestimmt zehn Wohnmobile auf dem Platz verteilt. Wir fahren also rein und suchen uns einen ebenen Stellplatz. Der Gemeinschaftsbau und die Sanitäranlagen (Waschräume und Duschen) des ansonsten schönen Platzes sind leider geschlossen. Lediglich an der (ebenfalls geschlossenen) Rezeption ist eine Toilette je Geschlecht offen.
Es ist kalt und sprüh-regnerisch. Ich fange an, unsere Sonntags-Spaghetti im Auto zu kochen. Das klappt ganz gut und schmeckt lecker. Der Abwasch muss leider mit kaltem Wasser erfolgen, warmes ist nicht verfügbar. Wir schreiben unsere Tagesberichte und versorgen Freunde und Familie mit unseren Neuigkeiten. Während Clara strickt telefonieren wir mit Oma um unseren Sonntags-Besuch bei ihr zu ersetzen. Heute haben wir beide kalte Hände als wir in unsere Schlafsäcke kriechen.
Die Temperatur liegt bei etwa zwei Grad über Null, vorhin kamen ein paar kleine Flöckchen herunter. Es besteht Sturmwarnung „Stufe Gelb“ (bis 20 m/s = 72 km/h) inklusive Schneefall für den ganzen Norden Islands bis ins Hochland, und das bis einschliesslich Mittwoch. Das teilte uns der Mann im Saltverk heute morgen mit. Auf der Seite des Wetteramtes liest sich das etwa so:
„Sturm aus Nord mit Windgeschwindigkeiten von 13 bis 18 m/s (47-65 km/h) und heftigen Windböen an Berghängen, die örtlich, vor allem auf Bergstrassen mit 25 m/s (90km/h) unterwegs sein können. Es muss mit Schneefall und Schneeverwehungen gerechnet werden, ausserdem mit schlechter Sicht und mit zunehmend schlechten Strassenbedingungen. Verkehrsbehinderungen und Strassensperrungen sind wahrscheinlich. Reisende, insbesondere mit Wohnmobilen, werden gebeten, Vorsicht walten zu lassen und die Wettervorhersage zu verfolgen.“
Mal abwarten …
Km-Stand: 231.842 (167 km gefahren)