08.06.2024 (Samstag)
Gegen 8 Uhr stehe ich auf und gehe duschen. Danach koche ich mal wieder gegen den Wind Kaffee. Das nervt etwas, weshalb ich den Kocher nach einigen Minuten des Kampfes ins Innere des Fahrzeugs umziehe. Das fertige Frühstück nehmen wir trotzdem draußen an der frischen Luft ein.
Gegen 10:15 Uhr besuchen wir das Infozentrum des Snæfellsjökull-Nationalparks (siehe auch hier), das gleich neben dem Campingplatz liegt. Dort gibt’s einiges zur Pflanzen- und Tierwelt zu sehen, aber es geht natürlich vor allem um die geologischen Besonderheiten und die Ausflugsmöglichkeiten in dieses geologisch interessante Terrain. Wir schauen uns dazu einige Karten an, um für uns machbare Touren bzw. Ziele für den heutigen Tag zu identifizieren. Nach einer guten halben Stunde ziehen wir los.
Um unser erstes Ziel zu erreichen, biegen wir schon nach wenigen Kilometern in die Straße Nr. 579 ein. Ein ziemlich übler Schotterweg führt nach rechts zum Leuchttürmchen am Kap Öndverðarnes.
Abenteuerlich eng und mit vielen Schlaglöchern garniert, geht es zwischen Lava-Brocken hindurch als wäre man in einer Art Klein–Dimmuborgir. Die Küste ist mit vielen interessant geformten Felsen versehen. Früher gab es hier wohl mal ein Gehöft, davon zeugen noch einige Ruinen sowie der Brunnen „Fálki“ , der schräg nach unten in die Erde gegraben ist, allerdings nicht sehr tief.
Wir rumpeln zurück auf die Straße Nr. 574, die jetzt am Lavafeld Neshraun entlang führt. Nach wiederum nur einem kurzen Stück zweigt links die Straße Nr. F575 ab. Straßen, die mit einem „F“ beginnen, sind nur für Allrad-Fahrzeuge freigegeben. Diese hier ist mal wieder zusätzlich mit dem Schild „IMPASSABLE“ (unpassierbar) versehen. Wir lassen das Auto gleich am Anfang stehen und gehen zu Fuß, obwohl auf der Karte in etwa einem Kilometer Entfernung ein Parkplatz eingezeichnet ist. Wir wollten ja keine Abenteuer dieser Art mehr antreten. Wir packen den kleinen Rucksack mit Wasser und ein paar Müsli-Riegeln voll, dann starten wir zu unserer Wanderung dem Snæfellsjökull entgegen. Es ist 12:40 Uhr.
Wie wir feststellen, wäre es durchaus möglich gewesen mit dem Auto bis zu dem erwähnten Parkplatz zu fahren, auch ohne Allrad-Antrieb. Aber nun sind wir schon auf unseren Füßen und Beinen unterwegs, die mindestens genauso geländetauglich sind, wie die Räder von Geländewagen. Im Gegensatz dazu aber leise und schadstofffrei. 😉
Am Parkplatz gibt es eine Picknick-Bank und ein Infoschild, das über eine etwa einstündige Wanderung um den Rauðhóll, einen markanten Bergrücken rechts des Weges, informiert. Kurze Zeit später kommen wir an einem Loch im Boden vorbei. Die Lavahöhle Eyvindarhola öffnet sich als Eingang in die Unterwelt.
Wir wandern insgesamt etwa 5 Kilometer den Berg hinauf, der F575 weiter folgend. Unten am Beginn der F575 waren 12 Kilometer als Entfernung zum Snæfellsjökull angegeben, wobei diese Straße unterhalb der Bergspitze bleibt und dabei östlich um den Vulkan herum führt. Beachtliche Berge säumen den steten Anstieg, den ich inzwischen nicht mehr mit einem normalen PKW (oder unserem „blauen Wunder„) befahren können würde.
Nachdem wir knapp zwei Stunden durch diese Einsamkeit bergwärts gewandert sind, erreichen wir auf der Höhe von etwa 530 Metern eine Weggabelung. Die F575 führt nach leicht links, während der Wanderweg geradeaus weiter auf den Gipfel zu führt. Allerdings sind wir jetzt auch auf Höhe der Schneegrenze und der Weg führt direkt auf die geschlossene Schneedecke zu, die weiter oben auch im Nebel liegt, wie auch der ganze Gipfel leider von Wolken verhangen ist.
Wir folgen der F575 weiter und schon bald stehen da erneut Schilder mit der Botschaft „Ófært“ (geschlossen) und „Impassable“ (unpassierbar). Da wir zu Fuß sind gehen wir dennoch ein Stück weiter und können sehen, wie in einiger Entfernung die Straße in einer Mulde unter einer meterdicken Schneeschicht verschwindet. Es sind keine Spuren zu sehen. Keine Fahr- und auch keine Fußspuren. Im weiteren Verlauf der Straße wird das sicher auch nicht die einzige Mulde oder ähnliche Situation bleiben, die ein Weiterkommen nahezu unmöglich macht.
Wir betrachten unseren Aufstieg daher hier als beendet und und machen Rast. Wir verzehren unseren Proviant und blicken dabei zum Gletscher hinauf. Dabei zeigt sich dieser immer wieder in Fragmenten, mit Teilen der Gipfelregion, aber nie komplett. Immer verhüllen Wolken einen guten Teil der Gipfelregion.
Als wir den Rückweg antreten und uns einmal nach dem Berg umdrehen, ist der Gipfel für einen Moment sichtbar. Ich beeile mich ein Foto zu schießen. Ob der Gipfel auf dem Foto erkennbar sein wird, wird sich später zeigen müssen.
Heute kann ich sagen: Ja, ein Teil des schneeweißen Gipfels ist vor dem grauen Himmel erkennbar 🙂
Im Abstieg nehmen wir uns noch den zusätzlichen Abstecher zum Klukkufoss vor, einem sehr schönen Wasserfall, dessen Wasser durch herrlich geschliffene Rinnen und Becken im Basalt strömt, an einigen Stellen an eine Bob-Bahn erinnernd.
Als wir endlich wieder am Auto ankommen, ist es fast 17:30 Uhr und wir sind heute noch nicht einmal 30 (Auto-)Kilometer weit gekommen. Der nächste Stopp an unserer Route ist der Krater Saxhóll, dessen Treppenaufstieg wir rasch erklimmen.
Wieder müssen wir danach nur ein kurzes Stück auf der Straße zurück legen, um zum „Arena-Krater“ Hólarhólar abzubiegen, in den wir sogar hinein fahren können … also in die „Arena“ 🙂
Weitere knapp 3 Kilometer weiter kommt die nach rechts abzweigende Straße Nr. 572, die zum alten Fischerdorf Drítvík führt. Eine wunderschöne aber gefährliche Bucht, in der es viele Schiffsunglücke gab. Als Zeugen dieser Tragödien liegen noch Wrackteile aus Metall eines 1948 hier gesunkenen englischen Trawlers auf dem Strand herum. Früher einmal, war diese Bucht eines der wichtigsten Zentren der Saison-Fischerei. Kaum zu glauben, wenn man heute dort hin kommt.
Der Weg vom Parkplatz zum Strand führt durch ein kleines „Dimmuborgir“ mit einem Felsenloch, hinter dem idyllisch ein blaugrüner Teich liegt. Auf dem weiteren Weg liegen kurz vor dem Strand vier Steine unterschiedlicher Größe am Wegrand. Diese dienten zur Kraftprobe für den Eignungstest für Fischerei-Dienste. Je nach Größe wurden die Anwärter eingeteilt in „Schwächling“ , „Halbstarker“ usw.
Der Strand in der Bucht ist voller rund geschliffener Steine, welche das Meer hier aufgeworfen hat. Und allein die kleine Wanderung vom ersten Strand über die Felsklippe Tröllakirkja zum zweiten Strand, an dem früher Drítvík lag, bietet eine tolle Aussicht auf die Felsen.
Es ist bereits nach 20 Uhr als wir wieder zurück beim Auto sind. Wir versuchen noch etwas Strecke zu machen und lassen den Leuchtturm und die Lava-Felstürme bei Malarrif aus. Wir sehen sie aus der Ferne im Vorüberfahren. Auch den Snæfellsjökull mit seiner Gipfelregion sehen und fotografieren wir noch mehrmals aus anderen Perspektiven (von Süden und Südosten her), während wir uns von ihm entfernen.
Der nächstgelegene Campingplatz liegt bei Arnarstapi, soll aber laut Beschreibung nicht so toll sein. In das Örtchen fahren wir dennoch kurz hinein, um uns selbst zu überzeugen. Wir finden den Platz tatsächlich nicht besonders einladend. Alle Gebäude und Einrichtungen sind mit elektronischen Schlössern versehen, die mit PIN funktionieren, die man wiederum per Email erhält. Wirkt alles sehr unpersönlich und es hat überhaupt kaum Infrastruktur.
Kurz vor Arnarstapi treffen wir dieses Hinweis-Schild an, welches auf den Hof Laugarbrekka verweist. Von hier stammte Guðriði Þorbjarnardóttir. Sie soll als erste europäische Frau um das Jahr 1000 herum in Amerika (Vinland, heutiges Neufundland) ein Kind zur Welt gebracht haben.

Wir folgen der Straße Nr. 54 nun für weitere 70 Kilometer. Während der Fahrt können wir zusehen, wie sich die Wolken zum Schlafen auf die Berge niederlegen. Das sieht wirklich recht imposant und irgendwie mystisch, aber auch niedlich aus.
Schließlich erreichen wir unser Ziel, den Hof und Campingplatz Snorrastaðir. Da es nun schon fast 22 Uhr ist, machen wir in der Gemeinschaftsküche ein Schnell-Essen (Bulgur und Gemüse) aus der Tüte. Das übliche Schreiben unserer Reisenotizen lassen wir heute ausfallen, denn wir sind auch körperlich wirklich müde. Ich mache noch ein paar Fotos von der abendlichen Stimmung. Zu sehen sind vor allem Wolken und in einiger Entfernung der Krater Eldborg, dem wir uns morgen nähern wollen.
Es ist kurz nach Mitternacht, als wir beide müde in unseren Schlafsäcken liegen. Schnell schlafen wir ein.
Km-Stand: 232.878 (142 km gefahren)