18.06.2024 (Dienstag)
Die letzten beiden Tage auf Island liegen vor uns. Wir befinden uns inzwischen in den Ostfjorden, sind also fast ganz um die Insel herum gefahren. Von der Idee einen Abstecher ins innere Hochland machen zu können, müssen wir leider uns leider verabschieden. Dort sind noch immer alle Routen (F-Straßen, Pisten) gesperrt. Erst vor ein paar Tagen wurde offenbar die erste, die F208 von der Südküste aus, auf der man nach Landmannalaugar, dem Ausgangspunkt vieler Wanderungen gelangen kann, freigegeben. Für uns leider zu spät. Da müssen wir wohl mal im Juli oder August nach Island kommen. 😉
Wir genießen ausgiebig das Frühstück in dem schönen, geräumigen und hellen Gemeinschaftshaus und starten so ziemlich als letzte gegen 10:30 Uhr vom Platz in den heute etwas grauen Morgen.
Wir fahren um den Berufjörður herum bis nach Breiðdalsvík und steuern dort als erstes die N1-Tankstelle an, um nochmal vollzutanken. Mit 324,1 ISK ist der Preis für Super 95 (E10) hier eher wieder etwas höher.
Die weitere Fahrt führt dann an der Halbinsel Kambanes vorbei und dann am Stöðvarfjörður entlang. Um kurz nach 11 Uhr stehen wir dann bereits im gleichnamigen Ort Stöðvarfjörður auf dem Besucher-Parkplatz vor „Petra’s Steinesammlung“ .
Als wir 2022 hier vorbei kamen war es schon zu spät am Tag. Und da der örtliche Campingplatz damals noch geschlossen hatte, fuhren wir weiter. Heute aber wollen wir die sagenhafteste Steine- und Mineraliensammlung Islands mit unseren eigenen Augen sehen. Die nächsten drei Stunden gehören wir also den Steinen. Hier ein kleiner Überblick über das Außengelände, weiter unten dann Detailaufnahmen.
Hier eine (große) Auswahl an Detail- und Gruppen-Aufnahmen der steinernen Exponate:
Und eine (kleinere) Auswahl an Garten-Aufnahmen und sonstiger kreativer Arrangements:
Es ist schon enorm, was diese Frau (Petra Sveinsdóttir) seit 1946 an Steinen (und einigen anderen Dingen) zusammengetragen hat. Seit 1974, nach dem Tod ihres Mannes, hat sie ihre Sammlung in ihrem Haus und Garten als „Museum“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Leider ist sie inzwischen (2012) verstorben.
Ihre Kinder betreiben das „Museum“ aber weiter, was zwar einigen Aufwand mit sich bringt (jedes Jahr die ganzen Steine in der Außenanlage putzen!), aber inzwischen sicher auch eine sehr gute Einnahmequelle ist.
Hier kann bei Interesse ihre ganze Lebensgeschichte nachgelesen werden.
Zum Abschluss unseres Besuches essen wir in dem im Wintergarten-Anbau des Hauses neu eröffneten „Kaffi“ noch jeder eine Suppe. Wieder zurück im Auto fahren wir aber nicht los, sondern machen uns angesichts der Wetteraussichten eine dreiviertel Stunde lang Gedanken über den weiteren Tagesplan.
Die Lage: Wir hatten für den folgenden Tag eigentlich den Besuch des Stausees Hálslón vorgesehen, der weit im Landesinneren in Richtung Hochland liegt und dessen Zufahrtsstraße als einzige im Hochland asphaltiert ist. Wir hatten das 2022 an unserem ersten Tag auf Island schon mal versucht, damals aber die Weiterfahrt wegen starkem Schneefall auf der Hochfläche der Fljótsdalsheiði abgebrochen (siehe hier). Nun soll das Wetter morgen aber schlechter werden, mit Dauerregen und Schnee in höheren Lagen. Die Zufahrt führt auf fast 800 Meter Höhe hinauf. Es erscheint uns daher sinnvoll den Besuch des Stausees auf heute vorzuziehen, auch wenn das bedeutet heute noch viele Kilometer fahren zu müssen.
Wir fahren also auf der Ringstraße Nr. 1 weiter nach Egilsstaðir, dann wenden wir uns auf der Straße Nr. 95 nach Süden, bis nach etwa 11 km die Straße Nr. 931 nach rechts abzweigt und am See Lagarfljót entlang führt. Kurz vor dem oberen Ende des Sees wechselt die Straße über eine Brücke auf die andere Seite, wo der Wasserfall Hengifoss auf Besucher wartet. Wir haben diesen aber 2022 schon bei ähnlichem Wetter besichtigt, weshalb wir den (proppenvollen) Parkplatz rechts liegen lassen. Statt dessen steuern wir das wenige Kilometer weiter liegende Haus des isländischen Schriftstellers Gunnar Gunnarsson an, in dem es ein Museumscafé mit sehr gutem Kaffeebuffet geben soll. Es sieht auch tatsächlich sehr gemütlich und einladend aus, allerdings ist das Buffet mit 3300 ISK pro Person (ca. 22 Euro) auch sehr teuer. Zu teuer für unseren Geschmack.


Wir schauen uns stattdessen die im Außenbereich vorhandenen Überreste einer Klosteranlage aus dem 15. Jahrhundert an, die zwischen 2002 und 2011 ausgegraben wurden.
Wenige Meter von hier entfernt befindet sich auch noch ein weiteres Besucherzentrum des Vatnajökull Nationalparks. Es ist jetzt 16:45 Uhr und bevor das Besucherzentrum um 17 Uhr schließen wird, besuchen wir es jetzt noch schnell – wobei es uns ehrlicherweise in erster Linie um die Toiletten geht. 🙂
Kurz darauf macht das Personal Feierabend und unser Auto steht als einziges noch auf dem Parkplatz. Da ich immer noch Lust auf einen Kaffee habe, nutzen wir einen am Parkplatz vor dem Gebäude aufgestellten Picknick-Tisch und kochen uns unseren eigenen Kaffee (Espresso) und Kakao. Dazu gibt’s Kekse aus dem Reisegepäck. Eine sehr kostengünstige Kaffeepause an frischer Luft. 😉
Es ist 17:30 Uhr als wir die etwa 60 km lange Fahrt über die Straße Nr. 910 zum Stausee Hálslón antreten. Los geht’s mit einer 14%-igen Steigung über Serpentinen, die schnell eine Höhe von etwa 450 Meter über dem Meer erreicht (der Ausgangspunkt liegt auf etwa 150 Meter). Die weitere Fahrt führt mit nur noch moderaten Steigungen durch nieseligen Wolken-Nebel über eine noch mit Schneeresten übersäte Hochland-ähnliche Landschaft, die Fljótsdalsheiði. Sie erreicht dabei eine maximale Höhe von 790 Metern, geht dann wieder etwas runter, um dann erneut auf etwa 770 Meter anzusteigen. Nach etwa 40 km Fahrt erreichen wir die Abzweigung zum Laugarfell Highland Hostel, von dem ich schon gelesen hatte.
Wir fahren aber erst einmal weiter, solange es noch nicht stärker regnet. Die Straße ist zwar asphaltiert, hat aber starke Risse, Neigungen zur einen oder anderen Seite, etliche Schlaglöcher und ist streckenweise an den Rändern derart von Asphaltfresserchen „angeknabbert“ , dass es ratsam erscheint in der Mitte zu fahren. Nach weiteren 20+x Kilometern erreichen wir die erste Staumauer und stellen uns auf den Parkplatz dort.
Der Plan, den wir im Infocenter zuvor fotografiert hatten, wird nun studiert um uns vor Ort zu orientieren. Die Sicht ist nicht besonders, alles ist grau verhangen, es nieselt leicht. Ich mache dennoch einige Fotos von dem erstaunlich leeren Seitenarm des Sees über dem wir jetzt stehen. Die Schneeschmelze ist noch in vollem Gange, die Bäche und Flüsse sind voll, da sollte der See doch eigentlich genug Wasser haben.
Wir fahren über die erste Mauer und halten auf der zweiten an, und blicken talwärts in die tiefe Schlucht der Jökla oder Jökulsá á Brú, die sich in Jahrtausenden dort eingegraben hat und die nun fast trocken ist.
Wir fahren weiter über die zweite Staumauer und auf die Anhöhe und den Parkplatz dahinter. Von dort blicken wir auf den Hauptarm des Hálslón, der da bräunlich vor uns im Nebel liegt. Einige Infotafeln informieren über den Bau, Technik und Betrieb dieses Wasserkraftwerks, das als eines der größten Europas gilt.
Der See wurde ab 2006 aufgestaut und dient zur Energiegewinnung durch das dort im Innern des Berges errichtete Kárahnjúkar-Kraftwerk. Der Bau war politisch nicht unumstritten, da durch ihn wichtige, große und bis dahin unberührte Naturflächen verloren gingen. Es entstanden aber auch einige hundert Arbeitsplätze, vor allem in der Aluminiumschmelze von ALCOA im 100 Kilometer entfernten Reyðarfjörður. Für sie wurde der ganze Aufwand getrieben, sie ist Hauptabnehmer des erzeugten Stroms, dessen Preis geheim gehalten wird. Wie das eben so üblich ist in Demokratien wo viel Wert auf (selektive) „Transparenz“ gelegt wird.
Auf der Anhöhe neben dem Parkplatz wurde ein Kunstwerk mit dem Titel Hringiða (Wirbel) von Jónína Guðnadóttir in Form einer Spirale mit 7,5 Meter Durchmesser am Boden angelegt, was dem Durchmesser des Haupttunnels zum Fljótsdalur Kraftwerk entspricht. Die Spirale verweist auf die Verwirbelung und den Sog des Wassers, wenn es durch den Tunnel stürzt. Die Inschrift auf der Spirale ist der erste Vers aus dem Völuspá Lied (aus der Edda), welches die Geschichte der Welt erzählt.


Wir treten den Rückweg an. Es ist feucht, kalt und windig. Die Temperatur liegt bei drei Grad (über Null) und wir sind durchgefroren. Da kommt uns jetzt das Laugarfell Highland Hostel grade recht, denn das verfügt über zwei heiße Quellen in denen wir uns jetzt aufwärmen wollen.
Wir nehmen also die vorhin schon erwähnte Abzweigung und landen auf einer mäßig steil nach unten führenden Schotterpiste. Nach etwa zwei Kilometern taucht das Haus aus dem Nebel auf. Allerdings liegt einige Meter vor dem Haus noch eine mit recht grobem Geröll belegte Überfahrt über das Bächlein Laugará, die mir für unser „blaues Wunder“ etwas zu heikel erscheint in Anbetracht der geringen Bodenfreiheit. Wir lassen das Auto daher ein paar Meter davor an einer geeigneten Stelle am Rand stehen und gehen mit unseren Badesachen zu Fuß die letzten Meter durch den dichten Nebel zum Haus.
Der Badespaß kostet hier in dieser Abgeschiedenheit 2500 ISK pro Person, aber der junge Mann lässt Clara als Kind durchgehen und so bezahlen wir 4000 ISK für uns beide. Für Hausgäste – man kann dort auch übernachten – wäre das Bad im Preis inbegriffen. Zwar wäre eine Übernachtung hier oben auch ganz schön (und natürlich nicht ganz billig), aber ich habe Bedenken wegen des vorausgesagten Schneefalls und unserer Rückfahrt am nächsten Morgen.
Wir genießen also zwischen 20 und 21 Uhr das Bad im Freien und wärmen uns im 38 Grad warmen Wasser, umgeben von Nebelschwaden und einigen Niederländern. Die letzten 20 Minuten verbringen wir im noch etwas wärmeren 42 Grad Becken.
Gut durchgewärmt gehen wir zurück zum Auto und fahren die 40 Kilometer zurück ins Tal. Zwar hätten wir dort oben auch für teuer Geld campen können, hätten warm und gemütlich im Haus sitzen und in meinen morgigen Geburtstag hinein feiern können, aber die Aussicht am Morgen auf einer Straße ohne Winterdienst durch eine schneebedeckte Landschaft die 40 Kilometer zurück fahren zu müssen war mir zu riskant. Wir befinden uns immerhin auf etwa 600 Metern Höhe (!) und haben keinen mit Allrad-Antrieb und Stollenreifen versehenen Ich-kann-überall-fahren-Jeep …
Wir fahren also auf der Mittellinie, mit allen Lichtern eingeschaltet, die rund 40 Kilometer zurück durch den dichten Nebel. Landschaft ist quasi nicht mehr vorhanden. Außer uns ist hier niemand unterwegs.


Erst als wir die Serpentinen wieder runter fahren, taucht langsam wieder die Welt um uns herum aus dem weißen Nebel auf. Endlich wieder im Tal Fljótsdalur angekommen suchen wir den ersten erreichbaren Campingplatz (Végarður Campground) auf, wo wir sehr hungrig um etwa 22 Uhr eintrudeln.
Bei einem kurzen Besuch an der Rezeption (es gibt hier auch ein Gästehaus mit Restaurant, welches allerdings bereits geschlossen hatte) checken wir ein. Dann ging’s darum zu kochen, aber leider ist kein Gemeinschaftsgebäude für Campinggäste vorhanden und draußen ist es etwas ungemütlich. Also koche ich uns im Inneren des Autos ein einfaches Mahl, was einige Herausforderungen mit sich bringt. Doch einige Zeit später ist ein Topf Reis gekocht und eine Gemüsepfanne mit Karotten, Zucchini und dem letzten Sojageschnetzelten fertig.
Es hat sehr lecker geschmeckt und als wir satt und fertig sind ist es 23 Uhr. – Und jetzt ?
Clara hatte mich gebeten, ihr mal bitte ihre Tasche aus der Dachbox zu reichen. Ich habe mich dann daran gemacht, meine Reisenotizen zu schreiben, bis Clara um 00:00 Uhr plötzlich Luftschlangen auspackt und mich damit einhüllt in ein „Happy Birthday !“ – Sie übergibt mir in Stofftücher eingewickelte Geschenke und ich darf auspacken ! 🙂
Zum Vorschein kommen drei mal „Kuchen im Glas“ in dem Geschmackssorten Lemon, Schoko und Rotwein. Ich öffne letzteren und Clara setzt noch eine Kerze drauf, dann wird die Hälfte davon als Nachtisch verzehrt. Leider habe ich nix zum Anstoßen dabei, aber egal. Ich bin wirklich sehr gerührt ! 🙂
Da habe ich nun also meine Geburtstagsgeschenke über vier Wochen spazieren gefahren und unzählige Male mit der Tasche aus der Dachbox gehoben, ohne es zu ahnen. Aber ich hab mich immer gefragt, warum die Tasche so schwer ist …. 😉
Wir machen ein paar Fotos für die Lieben zuhause und um 00:30 Uhr legen wir uns schlafen. Gute Nacht.
Km-Stand: 234.503 (316 km gefahren)