07.06.2024 (Freitag)
Der Wind weckt mich um 5:15 Uhr. Trotzdem stehe ich erst um 8:30 Uhr auf. Es ist grau und kalt und es weht ein leichter Wind. Wir nehmen unser Frühstück im Auto ein und verlassen gegen 10:40 Uhr den Campingplatz in Búðardalur.
Den nächsten Tankstopp verschiebe ich zuversichtlich auf unser nächstes Ziel Stykkishólmur, das sind 80-90 Kilometer. Zuerst fahren wir auf der Straße Nr. 60 weiter durch wolkenverhangene Landschaften südwärts, am Taleinschnitt der Laxá vorbei, bis nach etwa 8 Kilometern die Straße Nr. 54 nach rechts in Richtung Stykkishólmur auf der Snæfellsnes-Halbinsel abzweigt.
Nach weiteren 13 Kilometern beginnt eine etwa 50 Kilometer lange Schotterstrecke, die entlang des Hvammsfjörður verläuft. Aber durch den nächtlichen Regen staubt es wenigstens nicht mehr so sehr.
Wir halten nur ein-zweimal an um zu fotografieren und erreichen mit ziemlich leerem Tank Stykkishólmur, wo wir den bisher günstigsten Sprit tanken (309,6 ISK). Mit frisch gefülltem Tank fahren wir zum Hafen und parken das Auto. Die Fähre „Baldur“ , mit der man über den Breiðafjörður übersetzen kann, weilt grade am Kai. Theoretisch hätten wir in der Nähe von da wo wir vor zwei Tagen waren (Brjánslækur), mit der Fähre hierher übersetzen können. Ist sicher auch schön und das machen wir vielleicht, falls wir noch einmal nach Island kommen sollten.
Wir sehen uns im Ort ein wenig um und besuchen zunächst die moderne Kirche, die auf einem Hügel über dem Ort liegt und der Form eines Wikinger-Schiffes nachempfunden ist. Im Innern ist ein besonderes Marienbild zu bewundern. Wir haben Glück! Es ist der erste Tag an dem die Kirche für touristische Besucher offen ist, da heute die 12-wöchigen (!) Schulferien in Island beginnen.
Danach schauen wir uns unten im Ort die alte Holzkirche Stykkishólmskirkja von 1878 an. Sie ist wie so oft verschlossen. Auf der anderen Straßenseite ist noch das „Norwegische Haus“ (Norska Húsið) zu erwähnen. Es ist das erste zweigeschossige Wohnhaus Islands gewesen, als es 1828 erbaut wurde.
Wir kehren zurück zum Hafen, schlendern am Hafenbecken entlang zu der vorgelagerten kleinen Insel Súgandisey mit dem kleinen roten Leuchttürmchen oben drauf. Es führen einige Stufen hinauf und ein Hinweis-Schild sagt aus, dass das Klettern an den Felsen gefährlich sei. Oben sind ein paar Pfade angelegt, auf denen man das kleine felsige Eiland erwandern und die verschiedenen Ausblicke genießen kann.


Nach diesem Ausflug fahren wir raus an den Ortsrand, wo die Tankstelle und diverse Geschäfte sind. Unter anderem befindet sich dort auch ein „Bonus“ Supermarkt bei dem wir ein paar Einkäufe tätigen. Gleich daneben befindet sich ein Geschäft, das unter anderem Wolle führt und Clara sucht sich isländische Wolle zum Stricken aus. Bei uns in Deutschland ist diese Wolle teurer.
Weiter geht die Fahrt und wir suchen uns einen Rastplatz für das Mittagsmahl. Am Hafen hätten wir uns Fish & Chips für rund 20 Euro leisten können, für eine Portion (!) – Das war uns dann aber doch zu teuer.
Wir haben für 10 Euro zwei Brote gekauft und werden nun vespern. Unseren ersten Versuch machen wir am Helgafell-Felsen. Ein Schild weist darauf hin, dass hier nur parken und verweilen darf, wer auch für das Gelände (Privatbesitz) bezahlt. 450 Isländische Kronen (ISK) um auf den 73 Meter hohen (heiligen) Berg zu steigen, eine alte Klosterruine zu beschauen und eventuell noch die neuere Kirche hinter dem Hof. Ich empfinde das als Nepp, auch wenn die 450 Kronen (ca. 3 Euro) nicht die Welt sind. Mir geht’s eher ums Prinzip. Ich will nicht 3 Euro zahlen müssen, um an diesem Platz in mein Brot beißen zu dürfen.
Wir fahren daher weiter bis wir von der Straße Nr. 54 in eine Piste (Nr. 558) einschwenken, die in das Lavafeld Berserkjahraun führt. Etwa 200 Meter weit fahren wir über ein paar üble Brocken in die Piste rein, dann parken wir. Wir essen im Auto, damit uns der Wind nicht die Brote aus der Hand weht.
Während wir essen, rumpelt erst ein Suzuki Jimny, dann ein Dacia Duster an uns vorbei und in dieses Lavafeld hinein. Diese Piste führt mehr oder weniger parallel zur Straße Nr. 54, aber in kurvenreichem Verlauf mitten durch ein Lavafeld. Sie ist allerdings schon von etwas ruppiger Qualität. Der Dacia Duster wendet nach kurzer Fahrt und kehrt zurück zur „zivilen“ Straße. Und das, wo er doch grade hier seine Vorzüge ausspielen könnte (Allrad-Antrieb, Bodenfreiheit etc.). Nach dem Mittags-Schmaus folgen wir der Straße Nr. 54 weiter, durchfahren den Ort Grundarfjörður, wo der Berg Kirkjufell (Kirchberg) markant aus dem Wasser ragt. Manche sagen, es sei einer der schönsten Berge Islands.
Als die Straße Nr. 54 nach Süden abknickt, folgen wir der Straße Nr. 574 und dem Küstenverlauf in die Orte Ólafsvík und Rif, gefolgt vom Dorf Hellissandur. Hier stoppen wir bei der von Weitem sichtbaren Ingjaldshólskirkja, die etwa einen Kilometer außerhalb auf einem Hügel liegt und in deren Hintergrund man normalerweise den Sæfellsjökull Gletscher (auf dem gleichnamigen Vulkan) sehen kann. Leider ist der Berg aber komplett verhüllt. Die Kirche ist (wie üblich) verschlossen. Das Beste ist die auf den letzten zweihundert Metern sehr steile Anfahrtsstraße zum Kirchlein hinauf.
Es geht auf 18 Uhr zu und wir überlegen, welchen Campingplatz wir für die Nacht ansteuern sollen. Der einzig schöne (laut Reiseführer) scheint der bei Hellissandur zu sein. Er verfügt laut Beschreibung über eine gute Ausstattung mit neuem Gemeinschaftsraum und Sanitäreinrichtungen, liegt unweit vom Meer am Rande eines Lavafeldes und bietet durch die Brocken etwas Windschutz. Der Blick ist von dort nach Westen bzw. Nordwesten gerichtet. Also Richtung Sonnenuntergang. Da fahren wir hin.
Wir kochen erstmal Kaffee und Kakao am Auto (gegen den Wind, was ewig dauert), essen Kekse dazu und machen uns Gedanken über die nächsten zwei Tage. Wir rufen meine Schwester an, die heute Geburtstag hat, um ihr zu gratulieren. Danach kümmere ich mich um die Wischwasserpumpe, die nicht mehr pumpt.
Die Sicherungen sind OK. Die Pumpe scheint auch Strom zu ziehen, denn sie brummt. Aber sie läuft nicht an. Clara rät: „Klopf doch drauf!“ . Ich klopfe dann mehrmals mit der Metall-Taschenlampe drauf und tatsächlich spritzt danach das Wasser wieder, Hurra! – Die Hammer-Methode funktioniert (mal wieder).
Nach erfolgreicher Reparatur 🙂 machen wir uns daran, im Gemeinschaftsraum unser Abendessen zu bereiten. Heute gibt’s Reis, Falafel und Möhren mit einer Thai-Curry-Soße und es schmeckt lecker. Eine junge Frau öffnet die Tür zum Raum und fragt, ob jemand fermentierten Hai wolle, sie hätten welchen übrig. Sie wollen ihn aber nicht herein bringen, weil er so sehr stinkt. Wir haben kein Interesse, diese isländische Spezialität namens Gammelhai zu kosten (ohne Schnaps dazu sowieso ungenießbar).
Als ich grade unsere Sachen wieder zurück ins Auto räume, steht der Platzwart dort. Überraschung: Ein Deutscher namens Patrick. Und nicht nur das: Er hat auch noch lange bei Esslingen und in der Nähe von Waiblingen (beides bei Stuttgart) gelebt und bei Daimler gearbeitet. Sachen gibt’s!
In der Krise 2008 hat es ihn erst nach Finnland und dann nach Island verschlagen. Ihm fehlt Deutschland nicht, sagt er. Er lebt seit inzwischen 11 Jahren hier in Island und hat eine Familie und drei Kinder. Er lässt das Ländle grüßen.
Der Himmel über den Bergen um den Snæfellsjökull bietet uns heute Abend eine beeindruckende Show an sehr interessanten Wolkenformationen, die sich alle paar Minuten ein wenig anders zeigen.
Wir unternehmen im schwindenden Abendlicht noch einen kurzen Spaziergang zum Strand um der Sonne noch eine Weile beim Untergang zuzusehen. In der Nähe steht auch ein sehr hoher Sendemast. Ein Schild gibt Auskunft: Es handelt sich um die Sendeanlage Gufuskálar des US-Militärs aus dem kalten Krieg und er ist sage und schreibe 412 Meter hoch! Und wegen dieser Höhe auch in alle Richtungen mit Drahtseilen abgespannt, damit er den starken Winden und Stürmen hier an der Küste standhält.
Wir kehren zurück zum Campingplatz. Unweit davon befindet sich auch das lokale Fischerei-Museum, das natürlich um diese Zeit geschlossen ist. Aber wir schauen uns die Gebäude und den Außenbereich über den Zaun an. Und der Feuerberg (Vulkan) dahinter mit seiner Schneemütze, zeigt sich weiter verhüllt.
Für heute lassen wir es gut sein. Wollen mal sehen, was das Wetter morgen bringen wird. Vielleicht zeigt sich uns der Snæfellsjökull ja noch auf dem weiteren Weg um die Halbinsel. Jetzt gehen wir erst einmal schlafen. Gute Nacht!
Unsere Fahrtstrecke heute – (raw Map by OpenStreetMap.org)
Km-Stand: 232.736 (174 km gefahren)