15.06.2024 (Samstag)
Um 8 Uhr stehen wir auf und frühstücken. Es ist noch etwas dunstig, aber das wird schon noch. Unser erstes Ziel ist erst einmal der Ort Vík í Mýrdal um dort zu tanken. Auf dem Weg dorthin liegt direkt an der Ringstraße Nr. 1 ein Parkplatz, von dem eine Piste zum Strand Sólheimasandur führt. Und dort liegt das gerupfte Flugzeugwrack einer US-amerikanischen DC3 im grauen Lavasand, die hier 1973 notlanden musste und danach einfach liegen gelassen wurde. Die ganze Geschichte kann hier nachgelesen werden.
Die Piste zum Wrack ist Privat und darf nur von einem (vorab online buchbaren) Shuttle-Bus befahren werden. Ein Schild am Parkplatz gibt Hinweise für den Besuch des Wracks. Auf diesem steht, zu Fuß müsse man 3-4 Stunden für den Hin- und Rückweg einkalkulieren. Das scheint uns übertrieben, der Reiseführer sprach von einer Stunde je Strecke. Wir machen uns auf den Weg und schreiten stramm voran. Nach etwa 40 Minuten erreichen wir um 10:40 Uhr die Bushaltestelle des Shuttle in der Nähe des Wracks.
Wir schauen uns das Wrack etwa 20 Minuten lang aus allen Richtungen an. Unzählige Aufkleber von Touristen – auch solche aus Baden-Württemberg – zeugen davon, von woher es die Menschen zu diesem Ort zieht. Plötzlich kommt eine Gruppe Adventure-Touristen mit Sandmobilen von der Seite über den Sólheimasandur-Strand angefahren, gekleidet in orangefarbene Overalls – als wären sie von der Müllabfuhr. Die orangefarbenen Menschen entern das Wrack und klettern darin herum um Fotos zu machen. Wenn ich mich recht erinnere, stand auf dem Schild am Parkplatz, dass das Wrack nicht betreten werden darf. Aber viel Geld zahlende Abenteurer mit coolen Sandmobilen ignorieren das natürlich. Die Guides erweisen dem Island-Tourismus damit keinen Gefallen.
Wir wenden uns zum Gehen und sind um etwa 11:40 Uhr zurück beim Auto. Es hat also insgesamt eine Stunde und 40 Minuten gedauert, nicht 3-4 Stunden, wie das Schild uns glauben machen wollte. Vermutlich eine Strategie um die Nutzung des Shuttle zu erhöhen.
Ebenfalls auf dem Weg nach Vík und noch vor der nächsten Tankstelle, liegt das Kap Dyrhólaey, was einen Abstecher von zweimal fünf Kilometern (hin und zurück) über die Straße Nr. 218 bedeutet. Aus irgendeinem Grund war ich der Ansicht, wir hätten 2022 dieses Kap ausgelassen. Als wir aber auf die Anhöhe mit dem (sehr vollen) Parkplatz rollen ist mir klar: hier waren wir schon einmal. *
*) – ich könnte ja auch mal meinen eigenen Blog-Artikel dazu lesen …. 😉
Wir bleiben trotzdem eine kurze Weile und genießen die weite Aussicht zu den Felsen der rund 100 Meter hohen Steilküste mit ihren Höhlen und Bögen, zu den vorgelagerten Felsen-Inselchen auf denen Vögel nisten und auf den schwarzen Strand Reynisfjara auf der anderen Seite.
Wieder zurück an der Ringstraße sind es noch 15 Kilometer bis Vík í Mýrdal. Wird schon reichen, der Sprit. Wir sind seit dem letzten Tankstopp erst 495 km gefahren, normalerweise sind mit vollem Tank 520 km gut möglich. Unterwegs wird jetzt alles bunt. Die Lupinen blühen hier und dort, überall grünt es jetzt. Linker Hand ist der majestätische Mýrdalsjökull Gletscher gut zu sehen.
Wir erreichen Vík í Mýrdal und fahren gleich die erste OB-Tankstelle an. Leider funktioniert hier der Touch-Screen des Bedienterminals nicht, so dass tanken nicht möglich ist. Zum Glück ist Vík aber ein wahres Versorgungszentrum hier an der Südküste und wenige Meter weiter findet sich sowohl eine N1 als auch eine ORKAN-Tankstelle. Wir ersparen uns die N1 (die mit den komischen Karten-Zuordnungen) und fahren gleicht weiter zu ORKAN und tanken randvoll. – „Pack den Orkan in den Tank !“ 🙂
Unser nächster Stopp ist das Lavafeld Eldhraun (Feuerlava), welches bei einigen Ausbrüchen im 18. Jahrhundert entstand und heute von einer dicken, aber empfindlichen Moosschicht überwachsen ist. Ein surreal anmutender Ort. Graugrünes, dickes und weiches Moos bildet über den kantigen Brocken des darunter liegenden Lavagesteins rundliche Hügelformen. Eine wundersame, wundervolle, märchenhaft wirkende Landschaft über hunderte von Quadratkilometern. Man kann sich gut vorstellen, dass die Geschichten über Elfen, Trolle und das sagenumwobene „verborgene Volk“ (ZDF, 2015) hierher gehören. Aber das gilt auch für viele andere Orte auf Island. Wir folgen einem angelegten Rundweg durch das Moos-Feld und informieren uns an einer Infotafel über das geologische und biologische Wunder dieses Ortes.
Einige Kilometer vor Kirkjubæjarklaustur zweigt die Straße 206 nach links von der Ringstraße Nr. 1 ab. Diese Straße führt nach einigen weiteren Kilometern als F206 (allradpflichtig!) in Richtung Lakispalte ins Hochland hinauf. Für uns also leider tabu. Aber vorher ist über diese Straße die Fjaðrárgljúfur-Schlucht zu erreichen, wo wir das Auto abstellen und etwa eine Stunde lang an der Oberkante der Schlucht entlang wandern und einige tiefe Blicke in diese malerische Schlucht werfen.
Als wir wieder zum Auto zurück kehren steht „Campergirl“ da 🙂
Wir dachten, die beiden seien schon viel weiter (sie wollen ja in 10 Tagen die Insel umrunden) und nun erzählt sie uns, dass sie die Nacht zuvor in Vík übernachtet und wohl ziemlich lange geschlafen hatten. Ihr Tagesrhythmus unterscheidet sich offenbar sehr von unserem 😉 und wir wünschen weiter gute Reise.
Wir kehren auf dem selben Weg wieder zurück zur Ringstraße. Ein kurzes Stück weiter macht uns bei Lakagígar ein Neubau neugierig. Ein Betonbau, von der UNESCO gefördert, und unter der Bezeichnung Skaftárstofa Visitor Centre Teil des Vatnajökull Nationalpark Weltnaturerbes. Wir treten ein, lassen uns die diversen Moose erklären, schauen uns die Foto-Ausstellung über den Schwund der Gletscher durch die Klimaveränderung der letzten ca. 90 Jahre an und gehen dann zu Kaffee und Kakao über.

Nächster Ort an der Ringstraße ist Kirkjubæjarklaustur. Hier wollten wir noch ein wenig einkaufen, aber Samstags hat der Laden nur bis 14 Uhr geöffnet. Nun ist es aber schon nach 17 Uhr. Tja, Pech für uns.
Wir fahren weiter bis zum Wasserfall Systrafoss, der zu unserer Verwunderung allerdings komplett trocken ist (!). Im Visitor Center hat man uns den Aufstieg entlang des Wasserfalls zum Systravatn („See der Klosterschwestern„) der den Wasserfall speist, empfohlen, verbunden mit einer Rundwanderung.
Wir steigen hinauf, obwohl sich gerade einige Regentröpfchen auf den Weg vom Himmel zur Erde machen. Oben erwartet uns wieder einmal eine tolle Aussicht über Kirkjubæjarklaustur bis hinaus zum Nordatlantik. Hinter uns, direkt am See, steht ein kleines goldfarbenes Häuschen, der „Golden Nugget“ (Goldklumpen) – auf isländisch „Gullmolinn“ (Goldene Mühle) – dessen Inneres die Technik einer kleinen Wasserkraft-Station enthält. Die Station stammt aus dem frühen 20. Jahrhundert und ist noch immer in Betrieb. Den goldfarbenen Anstrich hat das Künstlerduo YottaZetta angebracht um damit den Wert dieser kleinen, lokalen Strom-Versorgungen zu verdeutlichen, die es früher überall in Island gab.
„Das Gullmolinn-Projekt, was „goldene Mühle“ bedeutet, verwandelt das Einlaufgehäuse des Wasserkraftwerks Kirkjubæjarklaustur durch einen glänzenden Goldanstrich. Dies symbolisiert den Wert der kleinen lokalen Wasserkraftwerke, die es einst in ganz Island gab. Diese Kraftwerke waren eine wichtige Licht- und Wärmequelle ohne den Rauch und die Umweltverschmutzung, die mit Öllampen und anderen Heizformen verbunden sind.„
Quelle: User Willem VS auf komoot
Der See führt zu wenig Wasser für den Überlauf, was der Grund für den trocken gefallenen Systrafoss ist. Der Rundweg führt über einige Felsvorsprünge an der Hangkante entlang bis man schließlich zum anderen Ende des Ortes hinab steigen und durch denselben wieder zum Ausgangspunkt zurück kehren kann. Wir wandern jedoch nicht weiter, sondern kehren zum See zurück und gehen auf dem Weg den wir herauf gekommen sind wieder hinunter zum Auto.
Da wir allmählich Hunger haben, beschließen wir hier in Kirkjubæjarklaustur zu bleiben und checken am Campingplatz ein. Das ist nun ein gänzlich ungewohntes Erlebnis: Wir stehen vor einer rot-weißen Schranke, links ein besetztes Kassenhäuschen, ganz wie man es aus Deutschland bzw. Kontinental-Europa kennt. Freundlich werden wir in die Platzregeln eingeweiht (ab 22 Uhr ist Nachtruhe und das Schranke zu). Es handelt sich eben um einen vorbildlich geführten, sehr gepflegten und sehr gut ausgestatteten Platz !
Wir suchen einen ebenen Stellplatz und machen uns sofort daran, im nahen Gemeinschaftshaus zu kochen. Ich stehe vor einem Induktionsherd. Meine Campinggeschirr-Töpfe funktionieren darauf nicht. Wer denkt sich sowas für einen Campingplatz aus ?
Wir nutzen das vorhandene Geschirr der Gemeinschaftsküche. Doch ich stehe weiter mit dem Herd auf Kriegsfuß. Das Ding ist (für mich) schwer bedienbar, es piepst bei jedem Druck bzw. jeder Berührung der Bedienelemente auf der Glasfläche des Herdes, ohne auch nur ansatzweise das zu machen, was ich mir wünsche. Und jedes mal wenn ich über die Glasfläche wische schaltet das Ding ab. Wer erfindet einen solchen Dreck ? – BOSCH !
Eine Gruppe Franzosen, bestehend aus sechs älteren Personen, entern den Raum und machen sich daran, ein großes Menü zu kochen. Einer unter ihnen kommt mit dem Herd klar. Er bleibt den ganzen Abend über der Einzige. Er hat Geburtstag, daher das große Menü. Mit Champagner und Kaviar aus der Tube wird gestartet, mit Lachs, einer Gemüsepfanne und gebratenem Geflügel erreicht es seinen Höhepunkt, und auch an Wein und Dessert fehlt es nicht. – „Leben wie Gott in Frankreich“ – hier sehr anschaulich zu besichtigen 🙂
Bei uns gab’s dagegen „nur“ Kartoffeln, Möhren, grüne Bohnen, Schafskäse und grünen Salat. Geradezu ärmlich gegen das Party-Gelage am Nebentisch – aber uns hat’s trotzdem geschmeckt 😉
Wir sind satt und schreiben unsere Reisetagebücher. Es ist etwa 22 Uhr als wir damit fertig sind und ins Bett könnten. Zwischen Zähneputzen und Schlafsack ergibt sich noch ein kurzes Gespräch mit dem deutschen Stellplatz-Nachbarn, der sich für meine Schubladen-Konstruktion interessiert. Es stellt sich heraus, dass er in seinem E-Audi Kombi selbst auf einer Seite eine Schublade eingebaut hat. So machen wir also eine kleine Schubladenausstellung am Campingplatz von Kirkjubæjarklaustur. 🙂
Km-Stand: 233.840 (129 km gefahren)