11.05.2022

Nachdem die anderen Camper schon vor uns abgereist sind, machen wir uns ab 8:30 Uhr auch mal langsam auf den Weg aus dem Schlafsack. Beobachtung: Je kälter es ist desto länger bleiben wir liegen.
Nach dem Müsli-Frühstück in dem kleinen Gemeinschaftsraum verlassen wir den Parkplatz des Guesthouse.

Auf der Ringstraße Nr. 1 und später nach dem Abzweig nach rechts auf die Nr. 85 fahren wir nach Vopnafjördur. Es ist nicht viel los, kaum Menschen oder Autos unterwegs. Alles ist grau verhangen und wir bleiben nur kurz um zu tanken. Wieder handelt es sich bei der gefundenen Tankstelle nicht um „unsere“ Marke (OB/Olis), bei der wir mittels eines Chips den ich beim Erwerb Campingcard erhalten hatte, Rabatt bekämen, sondern um die Marke N1. Ich kaufe eine Wertkarte für 10.000 Kronen und fülle den Gegenwert in Benzinform in den Tank.

Der Blick aufs Meer am Ende des Ortes ist aber ganz nett. Auf den Wellen vor dem Kai schaukeln die Möwen und andere Vögel vor sich hin. Es sieht sehr danach aus, dass sie das genießen.

Eigentlich wollten wir über die Straße Nr. 917 (Schotter) von Bakkagerdi aus kommend dorthin. Außer der Tatsache dass die Straße nicht asphaltiert ist, macht mir Sorgen, dass auch sie über einen Pass auf ca. 800 m Höhe führt und Schnee dort ähnlich wahrscheinlich ist wie bei Bakkagerdi am Vortag.
Schotterstraßen gehören bestimmt nicht zu den vorrangig geräumten Straßen und das Wetter ist leider über Nacht nicht besser geworden.
Wir fahren zurück auf die Nr. 85 und folgen ihr immer weiter an Digranes vorbei nach Porshöfn. Später wollten wir eigentlich die Melkarkasletta Halbinsel, eine Ebene an der Küste entlang abfahren (Schotter). Da aber bei Schneetreiben und schlechter Sicht die zu erwartenden Eindrücke sehr begrenzt sein dürften (Sichtweite nur wenige hundert Meter), ergibt das keinen Sinn. Wir queren deshalb die Halbinsel und bleiben weiter auf der Nr. 85, die dann nach Süden Richtung Asbyrgi am oberen Ende des Vatnajökuls Naturpark führt.

Dort angekommen gehen wir erst einmal in die Ausstellung im Besucherzentrum. Eine sehr nette junge Deutsche, die dort im Naturpark als Ranger arbeitet, erklärt uns alles und empfiehlt uns schließlich eine kleine 1,5 Stunden Wanderung auf Eyjan, einer Art Felseninsel mitten in dieser hufeisenförmigen Schlucht. Bei schönerem Wetter wäre die Sicht sicher noch besser, aber es ist auch so schon beeindruckend.

Zurück am Parkplatz fahren wir bis zum Ende der Schlucht (im Verlauf des Hufeisens bis an die Fußspitze) und laufen nochmal kleinen ausgeschilderten Weg von ca. 1 km bis an den Wasserfall und einen kleinen See (Botnstjörn) davor am Fuß der Felswand. Einige Hinweistafeln enthalten Erklärtexte zu den Orten.

Schließlich kehren wir zurück zum Auto und fahren über die Nr. 862 parallel zur Schlucht und zum Flusslauf in den Naturpark hinein nach Süden zu Dettifoss und Selfoss, zwei imposanten Wasserfällen, wo nach einiger Zeit auch die Sonne raus kommt. Am Dettifoss fällt der Gletscherfluss auf einer Breite von 100 Metern steil ab und wirbelt eine Menge Gischt auf. Auch die Umgebung entlang des eingegrabenen Flussbettes bietet im weiteren Verlauf reichlich interessante Formationen von in den Fluss abbröckelnden Basaltsäulen, kleinen seitlichen Wasserfällen und Stromschnellen.

Ein Stück weiter ist der Selfoss, ein geteilter Wasserfall wo das Wasser in eine Art natürlichen Kessel fällt und entsprechend unten darin aufwallt. Beeindruckende Bilder hinterlassen diese wilden Wasser.

Die Straße Nr. 862 folgt dem Flusslauf weiter nach Süden zur Ringstraße Nr. 1. Wir biegen rechts ab nach Westen in Richtung Myvatn See / Reykjahlid. Die Strecke führt durch eine Urlandschaft, wie sie kurz nach Erschaffung der Welt existiert haben könnte. Überall aufgebrochene Erdkruste. Immer wieder kleine Vulkankegel (keine aktiven), kaum Pflanzen, nur Gräserbüschel und Sand in verschiedenen Farben. Schwarzer Lavasand, aber auch brauner und rötlicher.

Kurz bevor wir den See erreichen, nehmen wir plötzlich Rauch- bzw. Dampfschwaden wie von einer Fabrik wahr. Und Schwefelgeruch. Vor uns taucht ein rötliches Gebirge auf, vor dem wir einen Parkplatz sichten. Wir halten an und gehen auf die Dampfschwaden zu. Aus kleinen Steinpyramiden strömt heißer Dampf mit Geruch nach faulen Eiern aus und färbt die Steine gelblich weiß. Eindrücklich sind sowohl der Druck, das zischende Geräusch, als auch der Geruch.
Es wird einem schlagartig bewusst, dass unter uns alles brodeln muss. Nebenan befindet sich eine Art Fabrik zur Nutzung dieser Wärme für Energie-Gewinnung, ein Geothermie-Kraftwerk. Auch die Schwefelbäder beziehen hier direkt heißes Grundwasser welches natürlich nach Schwefel riecht. Der Anblick dieser modernen, technischen Anlage mit ihren silbrig glänzenden Rohren bildet einen merkwürdig absurd anmutenden Gegensatz zur umgebenden Marslandschaft.

Nachdem wir genug Schwefel geatmet zu haben glauben, fahren wir weiter. Wir fahren aber nicht direkt nach Reykjahlid hinein, sondern biegen links nach Vogar ab und lassen uns von der Pizza-Werbung des dortigen Campingplatzes anlocken. Heute mal nicht selber kochen, sondern essen gehen.

Eine kleine Pizza kostet rund 20 Euro. Wow. Aber sie schmeckt sehr gut, wirklich! – Sehr freundlicher Service. Eine gut besuchte Pizzeria die nur zwischen 17 und 21 Uhr offen hat. In dieser Zeit kommt aber wirklich viel Kundschaft, nicht nur vom Campingplatz.

Dies ist ein sehr guter Platz mit Gemeinschaftsraum, Küche, freiem Strom und WLAN/Wifi, was es mir ermöglicht mal wieder einen Artikel für diesen Blog fertig zu stellen und zu veröffentlichen.
Es ist weiter sehr windig und kalt. Es soll in der Nacht um -2 Grad geben. Wir mummeln uns dick ein und frieren nicht. Schlafen sogar etwas länger. Winterschlaf quasi.

Blau eingezeichnet die zurück gelegte Strecke – (raw Map by OpenStreetMap.org)

Km-Stand: 204.728 (343 km gefahren)

Tag 12 – Schluchten, wilde Wasser und Schwefelschwaden

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