21.05.2024 (Dienstag)
Seit wir um 7 Uhr aufgestanden sind – und auch danach beim Frühstück – war es durchgehend neblig draußen. Wir fuhren aus der Nebelbank heraus direkt ins Licht und erblickten die leicht von Schnee überzuckerten majestätischen Küstenberge Islands! – Der Schnee, der teils bis fast ans Meer runter reicht, stammt noch vom letzten Schneesturm zwei Tage zuvor …
Jetzt aber empfängt uns ruhiges, sonniges Wetter und ein wundervolles Panorama. Mächtige Berge reihen sich entlang des Seyðisfjörður (des Fjords dem der Ort seinen Namen verdankt). Hinter uns eine dichte Nebelbank, vor uns ein sonnenbeschienener Fjord. Das war nicht unbedingt zu erwarten.
Die Fahrt durch den Fjord an dessen Ende der Hafen liegt, dauert etwa eine Stunde, die wir erwartungsvoll staunend genießen. Einfach sagenhaft!
Pünktlich um 9 Uhr Ortszeit (10 Uhr Bordzeit) legt die MS Norröna im Hafen von Seyðisfjörður im Osten Islands an. Die Ortszeit liegt nochmal um eine Stunde gegenüber dem Schiff und zwei Stunden gegenüber Deutschland bzw. Dänemark zurück. Also erneut die Uhren bzw. Zeitzonen-Einstellungen der Smartphones und Kameras angleichen.
Nachdem wir das Schiff verlassen hatten, stellten wir das Auto am Hafen ab und gönnten uns erst einmal zwei kleinere Wanderungen den Hang hinauf und zum ersten Wasserfall dieses Urlaubs.
Die erste Route führte von dem kleinen Wasserfall gleich neben dem Anleger ein Stück quer zum Hang in Richtung Ortschaft und dann links den Berg hinauf. Dabei kam es auch zum ersten Schneekontakt. Als wir auf etwa 180 m Höhe waren und eine flache Stelle mit einigen Wegweisern erreichten, mussten wir kurz darauf Schnee-bedingt umkehren, da ein Weitergehen über das vor uns liegende Schneefeld wegen fehlender Markierungen nicht ratsam erschien (und meine alten Wanderschuhe, die ich noch trug, nicht mehr wasserdicht sind).
Ehe wir zur zweiten Tour weiter zogen, kamen wir auf dem Weg zum Auto an dieser Open-Air Steine-Sammlung bzw. Ausstellung vorbei, die auf ausgedienten Kabelrollen präsentiert wurde.
Die zweite Route führte vom Ortsende zu einer 5-Ton-Skulptur (Tvísöngur) aus Betonkuppeln, die offenbar auf eine Idee eines Deutschen namens Lukas Kühne zurück geht, wie ein Schild erklärt. Während Clara die Kuppeln untersuchte, stieg ich noch ein wenig weiter hinauf um die ganze Szenerie von oben zu betrachten.
Während der zweiten Tour hat es dann leicht zu regnen begonnen und so kehrten wir zurück zum Auto.
Unsere beiden kurzen Wander-Routen
(raw Map by OpenStreetMap.org / OpenTopoMap.org)
Wieder unten am Fjord angekommen schauten wir uns die traurigen Überreste des durch einen mächtigen Erdrutsch am 18.12.2020 zerstörten, ehemals sehr sehenswerten Technikmuseums an. Infotafeln entlang der ehemaligen, bergseits gelegenen Gebäude-Rückwand, erzählen die Geschichte des Museums und einiger Exponate. Vieles ist unwiederbringlich zerstört, anderes wurde trotz starker Beschädigung wie Mahnmale am Ort der Ruinen aufgestellt. Auf anderen Tafeln wird das Unglück und die Hilfe für die Betroffenen in jener Nacht kurz vor Weihnachten und die Solidarität der Bewohner bei der Bewältigung der Schäden thematisiert.
Im Ort selbst besuchten wir die 1920 erbaute Seyðisfjarðarkirkja, auch Blaue Kirche genannt. Über die frisch beregnete Regenbogenstraße führte uns unser Weg durch den noch immer anhaltenden Regen zum Supermarkt, wo wir für satte 45 Euro Briefmarken gekauft haben, um während unserer Reise der analogen Mitteilungskultur frönen zu können.
Es ist inzwischen 14:30 Uhr und wir verlassen nun Seyðisfjörður in Richtung Egilsstaðir. Und wie schon vor zwei Jahren liegen die Berge unter dichten Wolken und damit auch die Passstraße in dichtem Nebel. Bevor wir den Nebel erreichen, liegt linker Hand – und noch frei von Nebel – der Wasserfall Gufufoss, zu dem wir einen kurzen Abstecher machen.
Weiter oben säumen Schneereste die Fahrt auf der Passstraße, die mit zunehmender Höhe zu ganzen Schneefeldern werden. Die Passhöhe liegt bei ca. 600 m. Wir tasten uns langsam durch den Nebel. Es ist wenig Verkehr, da die meisten anderen Touristen gleich nach der Ankunft Seyðisfjörður verlassen haben, während wir noch wandern waren. Plötzlich taucht aus dem Nebel ein weißer unbeleuchteter Kasten, nur mit Warndreieck auf. Ein Wohnmobil steht ohne (Blink-)Licht im Nebel mitten auf der Straße. – Gefährlich!
Nach der Passfahrt erreichen wir den Ort Egilsstaðir, wo ich gleich bei der ersten Bank gestoppt habe um einige Euros in die Landeswährung (Isländische Kronen, ISK) umzutauschen. Ein wenig Bargeld in der Tasche ist doch immer ganz nützlich und der Umrechnungskurs ist hier vor Ort günstiger als zuhause.
Die Entscheidung, auch diesmal wieder im Gegenuhrzeigersinn die Insel zu umrunden, haben wir schon auf dem Schiff in Abhängigkeit vom Wetter getroffen. Da der Wetterbericht im Süden schlechtes, im Norden und Osten dagegen gutes Wetter verheißt, verlassen wir Egilsstaðir in nördlicher Richtung auf der Straße mit der Nummer 94 und steuern Bakkagerði am Borgarfjörður an.
Diesen Ort wollten wir zwei Jahre zuvor auch schon besuchen, mussten damals aber wegen starkem Schneefall auf der Passstraße umkehren. Die Straße Nr. 94, die damals noch weitgehend eine staubige (und bei Regen matschige) Piste war, ist inzwischen komplett asphaltiert. Diesmal ist die Passstraße schneefrei und wir erreichen die Passhöhe auf ca. 400 m und danach den kleinen Ort Bakkagerði unter grauem Himmel. Der Ort ist vor allem auch deshalb Ziel vieler Touristen, weil es etwa 5 km von dort einen Vogelfelsen gibt, auf dem die possierlichen Papageitaucher (Puffins) massenhaft nisten und brüten.
Es ist etwa 16:30 Uhr, als wir diesen Brutfelsen erreichen. Um diese Uhrzeit (und Aufgrund des Wetters) sind nur wenige Besucher da. Zunächst regnet es noch und wir warten eine Weile im Auto ab und essen eine Packung TUC-Kekse. Als der Regen nachlässt gehen wir los und sind überrascht und überwältigt:
Fotos sind natürlich was Schönes, aber noch besser fangen Videos die Possierlichkeit dieser Vögel ein. Ihr hin und hertrappeln, ihre Spielchen miteinander wenn sie ihre Schnäbel aneinander reiben, oder wenn sie Gras zur Nestpolsterung aus dem Boden rupfen und in ihre Nisthöhlen tragen. Auch ihre Starts und Landungen, teils an steilen Felswänden, könnte man stundenlang beobachten.
Es sind wirklich Hunderte von Puffins, die da in kleinen Erdlöchern hausen und drumherum auf dem grasigen Hügel herum wuseln. Ein ständiges Starten und Landen wechselt ab mit dem Bau und Ausstatten der jeweiligen Nisthöhlen, in die sie mit ausgerupften Grasbüscheln im Schnabel ein- und aus huschen. Wir können uns kaum satt sehen. Wir machen viele Fotos und kurze Videos. Unfassbar niedlich!
Es gibt angelegte Treppen und Wege bzw. Stege für die Besucher. Die Vögel selbst lassen sich weder von uns noch vom Regen stören und wir können sie so ausdauernd beobachten und fotografieren. Natürlich nisten da auch gerne andere Vögel. Ein Reihe von Infoschildern zählt sie für uns auf:
Erst gegen 17:45 Uhr fahren wir zurück zum Ort und zum dortigen Campingplatz, wo wir heute bleiben wollen. Der Regen hat aufgehört und mir ist nach einem Kaffee zum Aufwärmen, aber die Cafés haben schon seit 17 Uhr geschlossen. Daran muss ich mich erst gewöhnen. Selber welchen kochen? Wäre möglich, aber es sollte zuvor das Auto so umgebaut werden, dass wir später auch drin schlafen können:
Dachgepäckträger aufs Dach, Dachbox auf den Dachträger (zuvor muss aller Inhalt raus), dann alles umräumen und das Innere für´s Abendessen bereit machen (erst für´s essen, später zum schlafen).
Nach einigen Verrenkungen steht der Tisch und man kann dran sitzen. Das muss sich noch durch Übung etwas einspielen. Nun hätte ich zwar immer noch gerne einen Kaffee gehabt, aber es ist schon nach 19 Uhr und damit langsam Zeit für´s Essen. Also rasch die Küche in Gang gesetzt. – Was sich aber als etwas knifflig erwies, da natürlich im Heck alles voll geräumt und daher wenig Aktionsraum vorhanden war.
Wegen der währenddessen geöffneten Heckklappe wurde es im Innern bei Clara kalt. Sie hatte zunächst einen Pulli zu wenig an, sie wusste sich aber zu helfen.
Schließlich sind die Spaghetti mit Zucchini-Tomatensoße fertig und es kann gegessen werden. Das geht prima und schmeckt uns gut. Und wenn die Türen wieder geschlossen sind ist es durchaus gemütlich. Anschließend steht Geschirrspülen in der Gemeinschaftsküche, sowie schlafbereit machen auf dem Programm. Erst das Auto, dann uns.
Während Clara sich für die Nacht fertig macht, gehe ich noch schnell auf einen kleinen Hügel neben dem Campingplatz und lasse den Blick unter dem grauen Himmel umher schweifen:
Nach dem Spaziergang kommt die Stunde der Wahrheit, ob sich Bett, neue Schlafsäcke, Verdunklungen und Vorhang bewähren, oder eher nicht. Morgen wissen wir mehr. Gute Nacht.
Ankunft in Seyðisfjörður und Fahrt nach Egilsstaðir und Bakkagerði
(raw Map by OpenStreetMap.org)
Km-Stand: 229.935 (110 km gefahren)