06.05.2022

Die Nacht war eine der kälteren bisher, ich habe leicht gefröstelt zwischendurch. Wir haben über die Schlafsäcke noch je eine Decke gewickelt, denn das Auto isoliert nicht so sehr. Besser als ein Zelt zwar, aber es ist eben eine Metallkiste. Es wird sehr spät dunkel und sehr früh wieder hell, weshalb es mir schwerfällt einzuschätzen, wie spät es wohl sein mag. Es war wieder sehr windig in der Nacht und auch nun, am frühen Morgen, bläst noch ein recht ordentlicher Wind.

Wir frühstücken im Auto an unserem Klapptisch und das geht etwa so:
Zuerst alles so umräumen, dass man in der zweiten Sitzreihe sitzen und den Klapptisch ausklappen kann. Dann den Gaskocher auf dem Klapptisch aufbauen und den Kaffee zubereiten (Espressokanne). Auch das Einfüllen des Kaffeepulvers in das Sieb der Espressokanne ist im Freien bei Wind eine Sache, die schnell vom Winde verweht ist. Aber wenn der Espresso dann fertig ist, kann der Gaskocher weg und das inzwischen zusammen gesuchte Frühstückszubehör aufgebaut werden.

Gemütlich sitzen wir nun im Auto, frühstücken und haben einen tollen Blick über Mikladur und den Sund hinüber auf das nördliche Ende der Insel Kunoy. Nach dem Frühstück packen wir zusammen und fahren hinunter nach Mikladur, um die Statue der sagenumwobenen Seehundfrau zu betrachten.

Eine steile Treppe führt hinunter ans Wasser, wo die Bronzestatue auf einem Felsen befestigt ist. Die Sonne kommt heraus und beleuchtet die Szenerie so dass ich schöne Fotos machen kann.

Als eine Reisegruppe ankommt befinden wir uns schon auf dem Rückweg zum Auto und treten die kurze Fahrt nach Trollanes an, der wirklich nördlichsten Ortschaft der Färöer, wo wir eine Wanderung zum dortigen Leuchtturm Kallur am Nordende der Insel unternehmen möchten.

Als wir dort am Parkplatz gegen 10:15 Uhr ankommen, ist dieser mit 7 Fahrzeugen bereits voll. Wir warten bis ein Fahrzeug weg fährt, dessen Fahrer gerade von der Wanderung zurück kam und zunächst noch ein paar Fotos zwischen den Häusern macht. Gegen 10:30 Uhr haben wir dann einen legalen Parkplatz und können die Wanderschuhe schnüren.

Schon kurz danach kommen nach und nach mindestens 8-10 weitere, meist Mietwagen dazu, die dann aber etwas oberhalb des Ortes an der Straße parken. Es ist noch immer sehr windig. Je näher wir dem schmalen Grat hoch über der See, rechts vom Leuchtturm kommen, desto stärker pfeift es um unsere Ohren.
Oben auf dem wirklich schmalen Grat, hat man Mühe sich gerade zu halten. Langsam gehen wir hinaus bis an die Spitze, hoch über dem Meer. Die schäumenden Kronen auf den Wellen geben Aufschluss darüber, dass über dem Wasser mindestens Windstärke 4-5 herrscht, hier oben sicher etwas mehr.

Nach einigen Fotos treten wir den Weg Richtung Leuchtturm an und schwanken über den Grat. Inzwischen kommen auch die anderen Wander-Gruppen an und um den Leuchtturm wird es absurd eng.
Ein Menschenauflauf am gefühlten Ende der Welt auf einem windumtosten Grat, ehe die Klippen steil um mehrere hundert Meter jäh abstürzen.

Warum ist das so? – Wir erfahren aus dem Reiseführer, dass eine Schlüsselszene aus dem letzten James Bond Film („No time to die“) hier gespielt hat. Seither ist der Ort eine Touristen-Attraktion. Wir erinnern uns, dass wir kurz nach der Ankunft in Tórshavn einen 007-Bus bemerkt und uns noch darüber gewundert hatten. Die anwesende Schwedische oder Dänische Reisegruppe entwickelt bemerkenswert viele Fotoaktivitäten um einen Gedenkstein für James Bond, der die Anmutung eines Grabsteines hat. Auffällig ist: Es sind fast nur Frauen, also quasi Bondgirls.

Wir wandern allmählich zurück und lassen die Gruppen hinter uns. Wir wollen zurück nach Klaksvik wo es keinen Campingplatz gibt und von dort noch eine kleine Wanderung auf den Hausberg Klakkur unternehmen, von wo man einen tollen Ausblick über die Inselwelt und die Gewässer dazwischen haben soll.

Als wir gegen 12:30 Uhr zurück am Hafen sind, stehen vor uns bereits vier PKW. Ich schaue auf den Fahrplan. Die nächste Fähre geht erst um 14:15 Uhr, das ist etwas unerwartet, aber lässt uns Zeit zum lesen, entspannen und Fotos machen. Das Wetter ist schön.

Leider kommt um 14:15 und auch etwas später kein Schiff und wir warten weiter. Das nächste auf dem Plan ist für 15:30 Uhr angesetzt. Bis dieses Schiff anlegen wird, wächst die Fahrzeugschlange erheblich an und es ist klar, die werden niemals alle mitfahren können. Ich ärgere mich zwar etwas über die verlorenen 3 Stunden Wartezeit bei schönem Wetter, aber bin doch froh, in der Schlange an fünfter Stelle zu stehen und nicht an fünfzehnter. Insgesamt kommen nämlich nur etwa 14-16 Fahrzeuge auf die kleine Fähre. Das bedeutet: Einige müssen auf die nächste warten.
Man bezahlt bei diesen Fähren immer nur bei der Hinfahrt, die Rückfahrt ist dann inbegriffen und muss nicht erneut bezahlt werden. Somit geht auch das Anlegen, Beladen, Ablegen relativ schnell.

Als wir in Klaksvik anlegen ist es bereits 16 Uhr und wir beschließen, zunächst die Runde über die Inseln Bordoy und Vidoy zu machen. Dazwischen liegt unter anderem ein einspuriger Tunnel, bei dem per Ampelregelung vor dem Tunnelportal gesteuert wird, welche Seite fahren darf. Da der Tunnel einige Kilometer lang ist, dauert das Warten schon mal knapp 10 Minuten bis man fahren darf.

Kurz vor der Brücke nach Vidoy hinüber zweigt links wieder eine kleine Straße ab, die am Sund entlang nach Norden führt bis in das Örtchen Mulá (oder Mulí). Die Straße ist spätestens ab der Hälfte der Strecke nur noch eine Schotterpiste. Wunderschöne Ausblicke und Schafe mit Lämmern können nicht darüber hinweg täuschen, dass hier kaum je ein Mensch her kommt. Der Ort gilt denn auch seit 1998 offiziell als verlassen.

Zwar machen einige Häuser einen zumindest zeitweise bewohnten Eindruck, aber einen dauerhaften Wohnsitz hat dort wohl niemand mehr. Eine kleine Tafel erzählt etwas über die Geschichte des Ortes und der letzten Bewohner, sowie über einige alte Fundstücke von Frühbesiedelung.

Wir fahren die Schotterpiste zurück, machen noch das ein oder andere Foto und biegen dann auf die Brücke über den Sund nach Vidoy ein. Unsere Exkursion hier endet mit der Vorbeifahrt an der Ortschaft Vidareidi und der Rückfahrt um den Berg auf der alten Gebirgsstraße mit herrlichem Panorama bis hinüber zum verlassenen Ort Mulá.

Schließlich ist es schon fast 18 Uhr, als wir wieder zurück in Klaksvik sind. Die erwähnte Wanderung wäre zwar noch möglich und hätte vom Wetter her sicher auch einen tollen Ausblick geboten, hätte aber auch nochmal mindestens 1,5 Stunden in Anspruch genommen.
Da es ja in Klaksvik keine Campingplätze mehr gibt (Hallo Klaksvik, bitte wieder einen eröffnen!) und wir ja irgendwo übernachten müssen, fahren wir also durch den Unterseetunnel wieder zurück auf die Insel Eysturoy und dann zunächst auf der Straße Nr. 10, später dann 15 nach Süden Richtung Runavik.
Dort biegen wir ab nach Aeduvik, wo es einen Campingplatz geben soll. Unterwegs schauen wir nichts mehr an, das wollen wir am nächsten Tag nachholen, wenn wir die Strecke ohnehin wieder zurück fahren werden.
Wir kommen gegen 19 Uhr auf dem Campingplatz an, wo wir im Gemeinschaftsraum von einem Mannheimer Wohnmobilisten empfangen und freundlich eingewiesen werden. Etwas später kommt dann der Platzbetreiber vorbei um zu kassieren. Weil es sich bei unserem Van um ein deutlich kleineres Vehikel handelt als bei den Wohnmobilen, verlangt er nur 100 der sonst üblichen 200 Kronen. „Ist ja wie ein Zelt“ sagt er. Ich erwidere: „Ja, aber mit Rädern dran“ – Ein sehr netter unkomplizierter Mensch, der seinen Platz gut pflegt und etwas oberhalb wohnt, von wo er den Platz gut überblicken kann.
Wir suchen uns einen Stellplatz mit Stromanschluss und etwas Windschutz und genießen erst das Abendessen, dann den Abend im stilvollen und gemütlichen Gemeinschaftsraum mit freiem WLAN/WiFi. So kann ich das Reisetagebuch aktualisieren und Bilder sortieren (was mich zugegebener Maßen oft mehr Zeit kostet, als ich anfangs dachte). Auch unternehme ich erneut versuche, die Tunnelpassagen zu bezahlen, wieder erfolglos. Inzwischen bat man mich um einen Screenshot der Fehlermeldung, die ich auch prompt zurück schickte.

Am Platz treffen wir auch den französisch sprechenden Schweizer und das Paar mit dem Wohnmobil, das vor den öffentlichen Toiletten am Ende von Klaksvik gestanden hatte wieder.
Gegen Mitternacht legen wir uns schlafen. Uns erwartet eine weitere kühle Nacht, aber es erscheint uns etwas milder als die letzte so weit im Norden unter klarem Himmel. Es werden 2 Grad (über Null) erwartet und wir ziehen uns Mützen und Pulli über im Schlafsack – Socken an die Füße – und die Decken drumherum.

Blau eingezeichnet die zurück gelegte Strecke – (raw Map by OpenStreetMap.org and StepMap)

Km-Stand: 203.991 (105 km gefahren)

Tag 7 – Die Seehundfrau, 007 und ein Ort am Ende der Welt

Beitragsnavigation


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert